Das Königreich Kambodscha (Khmer ព្រះរាជាណាចក្រកម្ពុជា Preăh Réachéanachâk Kâmpŭchéa) ist ein Staat inSüdostasien. Das Land liegt am Golf von Thailandzwischen Thailand, Laos und Vietnam. Die HauptstadtPhnom Penh liegt im Süden des Landes. Das Landschaftsbild wird durch eine Zentralebene geprägt, die teilweise von Gebirgen umgeben ist. In ihr liegt im Westen Kambodschas der See Tonle Sap, durch den Osten fließt der Mekong, einer der zehn längsten Flüsse der Welt.
Kambodscha ist aus dem Reich Kambuja hervorgegangen, das seine Blüte vom 9. bis zum 15. Jahrhundert erlebte. Seine Ruinen in Angkor, Roluos, Banteay Srei und Preah Vihear wurden ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich im Jahre 1953 folgten jahrzehntelange Bürgerkriege, die viele Opfer unter der Bevölkerung und schwere Schäden in der Wirtschaft hinterließen. Auch der Vietnamkrieg und die Diktatur der Roten Khmer von 1975 bis 1979 brachten dem Land wirtschaftlichen Verfall.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen schätzt das Kambodschanische Zentrum für Menschenrechte die demokratische Situation mit den Worten ein: Die kambodschanische Demokratie befindet sich im Abwärtsstrudel.
Quelle: Wikipedia
Lebenserwartung: Gesamte Bevölkerung: 63,04 Jahre; männlich: 60,66 Jahre, weiblich: 65,63 Jahre (Quelle: www.kambodscha-info.de/fakten.html)
Mittwoch, 19.02.2014, Bangkok – Poipet – Siem Reap
Mittwoch, Abreisetag aus Bangkok. Irgendwie muss ich ein für mich unsichtbares Erkennungszeichen als passiver Teilnehmer des endlosen Autorennens haben. Anders kann ich mir nicht erklären, warum das Taxi in der Innenstadt bis zu 100 km/h auf dem Weg zum Bahnhof erreicht. Ich bin total entspannt und es ist kein Mensch auf der Straße unterwegs. Nun gut.
Um 5:55 Uhr fährt pünktlich der Zug aus dem Hauptbahnhof ab. Freie Platzwahl, einige andere Touristen sind auch im Zug. Vorbei geht die Fahrt an Wellblechhütten, die bis auf wenige Zentimeter an die Bahn gebaut sind. Nach der Fahrkartenkontrolle geht der Dreisternebeamte noch mal durch den Zug und prüft übermäßige Gepäckmengen. Für diese gibt es dann noch mal eine extra Fahrkarte.
Dann kommt noch „Fielmann-to-go“ vorbei und verkauft neben Sonnenbrillen auch normale Brillen. Ohne Sehtest und Kassengestell. Und siehe da ein Thailänder greift zu.
Während ich mich beim Blick aus dem Fenster noch wundere warum die Diesellok Dampf produziert gibt es eine Vollbremsung. Ein kleines Feuer an der Lok, wie einheimische Mitreisende berichten. Nach einigen Minuten geht es dann weiter. Bis zur nächsten Vollbremsung – ein Bahnübergang. Und dann geht es rückwärts. Wir fahren in den nächsten Bahnhof und warten dort auf einem Abstellgleis. Und warten. Bis uns irgendwann eine einzelne Lok überholt. Die Ablösung kommt. Nach guten zwei Stunden Zwangsstop geht es dann weiter. Bemerkenswert ist die Ruhe mit der alle warten. Jeder telefoniert mal und sagt, dass er später kommt. Aber es ist total entspannt.
Die Reisfelder sind hier wesentlich größer. Alle Wasserkanäle sind aber fast trocken. Die Regenzeit sollte bald kommen. Es gibt jede Menge Störche und andere bemerkenswert schöne Vögel. Es scheint genug zu Essen zu geben, so dass diese verschont werden.
Die Bahn tuckert gemütlich durchs Land, hält öfters an Bahnhöfen und dann warten wir auch mal auf den Gegenzug auf der eingleisigen Strecke. Wie alle Fahrten zieht sich auch diese und es wird richtig warm im Zug.
Grenze. Ich habe viel darüber gelesen im Internet. Die Touristen im Zug rüsten sich gemeinsam gegen Tuk Tuk Fahrer und horrende Preise. Da wird dann direkt mal das doppelte verlangt. Kurz den richtigen Preis genannt und „geht doch“. Dann die nächste Falle – Visabedarf? Ja, den haben wir, allerdings ein richtiges und nicht ein Pseudodokument. Daher kann die Fahrt an der nicht-offiziellen Visastelle auch beruhigt vorbei gehen. Somit erreichen alle die Grenze. „Ausstempeln“ Thailand geht ganz einfach.
Der Weg ist lange, durch irgendwelche Gänge und dann durchschreitet man das Tor nach Kambodscha. Noch nicht so richtig. Ein wenig Niemandsland auf dem sich jede Menge Casinos befinden. Die Bedienungen für die Abendschicht werden gerade mit einem Lkw herangefahren. Sieht skurril aus – schön hergerichtet auf der Ladefläche eines schmutzigen, riesigen Lkw.
Erst am Ende des Niemandslandes kommt man an die kambodschanische Einwanderungsstelle von Poipet. Eine lange Schlange hat sich hier gebildet. Es ist schön, wenn einem die Korruption offen an der Grenze entgegenkommt. „Do you want to skip the line?“ meint einer der „Beamten“. In Anführungszeichen, da nur eine um den Hals hängende Plastikmarke darauf schließen lässt, dass er mit der Abfertigung etwas zu tun hat. „No thanks“ und so warte ich mit allen anderen. Für ein paar Dollar „Schnellabfertigungsgebühr“ hätte ich an der Schlange vorbei gehen können. Es war eine Wohltat dies abzulehnen.
Es dauert Ewigkeiten an der Abfertigung und dazu zögert der kambodschanische Beamte lange bis er endlich den Stempel in den Pass drückt. Zu viel hin und her in Thailand gefällt im glaube ich nicht. Egal. Stempel drin.
Das dann folgende hin und her kürze ich ab. Mit einem kostenlosen Bus geht es zum Busbahnhof. Ein in die Landschaft gezimmertes großes und neues Gebäude alias Busbahnhof bei dem vor allem die Busse und Reisende fehlen. Ausgelegt für hunderte Busreisende sind hier ungefähr gerade mal 20. Die gleichen schmierigen Typen, die schon an der Grenze rumlungerten sind hier auch. Der Bus soll erst noch kommen oder doch der Minibus mit 15 Sitzen oder doch der, der zur Grenze fährt. Vor der Türe stehen auch Fahrzeuge, die man aber nicht besteigen darf, da dies privates Gelände des Busbahnhofes ist. Außerhalb des Geländes entpuppen sich diese dann als inoffizielle Taxen, aber eben erst wenn man zu Fuß das Gelände verlässt. Im gleichen Tempo schieben sich dann die Autos vor das Gelände und warten auf einen auf der Straße.
Vier Deutsche und zwei Schweizer landen schließlich in dem Kleinbus, der eigentlich 15 Plätze haben soll, effektiv neun. Und die Mutti von einem der Rumsteher nehmen wir auch noch mit – „certainly, all is easy my friend“ waren seine Worte als Ersatz für„danke“. Dass sie allerdings auf dem zweiten Teil der Fahrt ununterbrochen mit der gesamten Verwandtschaft telefoniert hat „my friend“ nicht erzählt.
Die Herren bei der Busstation waren eine Fortführung des korrupten Grenzers. Teilweise sehr unfreundlich, überzogene und undurchsichtige Preise und sehr fordernd.
Die erste Hälfte der Strecke ist gut geteert, dann übernehmen allerdings Schlaglöcher die Oberhand. Wir kommen nach ca. drei Stunden Fahrt an und verteilen uns auf Tuk Tuks, die jeden zu seinem Hotel bringen. Bei mir ein kleines, gemütliches, gut gepflegtes.
Donnerstag, 20.02.2014, Siem Reap/ Angkor Wat
Ich miete mir ein Mountainbike und los geht es in Richtung Angkor Wat. Die Tempelanlage ist außerhalb des Städtchens. Die Eintrittspreise haben hier chinesisches Niveau und somit kostet die Dreitageskarte 40 €. Wenn es für die Restaurierung verwendet wird soll es mir recht sein. Dem ist allerdings nichts so sicher, wie ich später erfahre. Es ist ein wenig unklar, wohin die Eintrittsgelder gehen – die Abwicklung des Eintritts ist wohl an Vietnam verkauft. Und die Restauration findet mit Spendengeldern statt. Wahnwitzig. Und alle schauen zu.
Das der Angkor Wat beeindruckend ist versteht sich fast von selbst. Nicht umsonst gilt es als das größte religiöse Bauwerk der Welt. Angkor Wat ist allerdings nur ein Tempel. Da er der Tempel ist, der am besten erhalten und am meisten freigelegt ist, steht er als Synonym für zig weitere Tempel größerer und kleinerer Art. Es sind an die 50 Tempel, die hier besichtigt werden können.
Die Steinarbeiten am Angkor Wat wie auch am Bayon Tempel sind beeindruckend undübersteigen vieles bisher gesehene.
Um Angkor Wat zu erbauten schufteten 50.000 Handwerker über drei Jahrzehnte Anfang des 12. Jahrhunderts. Umgeben von einem 200 m breiten Wassergraben misst die Anlage samt Wassergraben 1,5 mal 1,3 Kilometer. Die Außenwände der zentralen Tempelanlage sind auf einer Länge von 800 Metern mit bildhauerischen Arbeiten versehen.
Der Bayon Tempel beispielsweise ist erst Ende 12./ Anfang 13. Jahrhundert vollendet worden. Durch zahlreiche Umbauten gleicht er einem Labyrinth. Auf der oberen Plattform stehen alleine rund 50 Gesichtertürme.
Da ich noch mal in die Stadt zurück muss lege ich heute fast 50 km mit dem Rad zurück. Nicht minder anstrengend bei der Hitze.
Alleine ist man logischerweise hier nirgends. Unzählige Touristenmassen strömen hier durch die Anlagen oder werden durchgeschoben. Der Großteil mittlerweile aus Asien.
Abends wird es dann leer und so bin ich im Bayon Tempel mit langsam untergehender Sonne auch fast alleine. Nur ein nicht heiliger Hund streunt noch durch den Tempel auf der Suche nach möglichen Überbleibsel von Touristen. Er stattet auch mir einen Besuch ab und da ich nichts zu essen habe, bekommt er einen großen Schluck Wasser, dass freudigst aufgenommen wird. Das findet er so toll, dass er mich erst mal – ungeachtet des Gegenverkehrs, der schließlich ausweichen kann und dies auch muss – längere Zeit neben dem Rad herläuft und dann im Wald verschwindet.
Abends gibt es Frisches vom Grillstand und es geht früh ins Bett.
Freitag, 21.02.2014, Siem Reap/ Angkor Wat
Um fünf Uhr früh geht es mit Motorrad-Rikscha und einem Führer los. Eigentlich zum Sonnenaufgang zum Pre Rup Tempel. Sonnenaufgang ohne Wolken fällt aber heute aus. Dafür sind wir alleine und ich kann in Ruhe das langsame Erwachen oberhalb der Baumkronen genießen. Es geht weiter zum östlichen Mebon Tempel, der von einem zwei mal vier zwei mal vier Kilometer großen See umgeben ist. Früher war diese Anlage nur mit dem Boot zu erreichen.
Weitere Tempel sind unter anderem der Ta Som. Wenn es nicht die verbleibende Bausubstanz zerstören würde, könnte man sich noch weitaus mehr über die beeindruckenden Bilder freuen, die die alles umschlingenden Urwaldbäume zwischen den Tempelüberresten bieten.
Danach der Neak Pean. Ein Hospital wie mir der Reiseführer mitteilt. Allerdings ein Hospital der alten Art. Mehrere Wasserbecken um einen Tempel angeordnet. Dem indischen Fluss Ganges nachgeahmt, in dem sich die Hindus rein waschen.
Als letzte Anlage noch Prea Khan. Riesig groß diente diese als Wohnanlage für 80.000 Menschen. Leider ist viel verfallen und dem Verfall überlassen. Der Aufwand ist aber ungeheuerlich, wenn man die hunderte Kilo scheren Steine rumliegen sieht.
Mit steigender Sonne nimmt auch die Anzahl der Touristen zu. Die letzten Tempel sind auch schon gut gefüllt gewesen. Es sollen ca. 2 Millionen jährlich nach Siem Reap kommen.
Der Führer kann nicht davon ablassen über die Regierung zu schimpfen. Das Wort Korruption kommt nicht vor, aber sonst alles. Zum Thema Korruption oder harmlose Ausprägungen davon: Im letzten Tempel bietet ein älterer Touristenpolizist einem Chinesen seine Polizeimarke zum Kauf an. Der Führer lacht und schüttelt den Kopf.
Am frühen Nachmittag geht es dann heim. Nicht verpassen möchte ich die im Hotelpreis inbegriffene Massage. Warum dies in Europa nicht weiter verbreitet ist versteht man nicht.
Eine Hardcore Touristenmeile ist hier vorhanden. Die Bolker Straße bekommt durchaus Konkurrenz. Hier heißt die Straße dann auch gut lesbar in großer Leuchtreklame über der Straße ganz einfach „Pub Street“. Laute Musik, eine Bar neben der anderen und auf der Straße wird mal wieder alles angeboten, was man direkt verspeisen kann oder auch erst später.
Ich lasse mich bei einem der Grillstände auf der Straße nieder. Im Hintergrund werden Dance Floor Hits der 90iger von einer Band mit asiatischem Tonfall zum Besten gegeben. Die Straßen sind von Touristen dominiert. Ein kleiner Junge, etwa um die 15 Jahre alt (wie das Mädchen, dass beim Mittagessen die Leute ins Restaurant geworben hat) backt Crêpes an einem Straßenstrand. Unzählige Tuk Tuk Fahrer, die sicherlich mehr als 250 mal am Tag alles und jeden „Tuk Tuk?“ fragen. Und dann noch die Abzockerbande mit dem Milchpulver. Die Schweizerin hat im Kleinbus davon berichtet – junge Mädchen mit Kindern auf dem Arm und einer Milchflasche in der Hand laufen auf den Straßen rum und betteln penetrant darum, das man doch in den nächstbesten (bzw. den eingeweihten) Supermarkt gehen sollte und ein wenig Milchpulver kaufen sollte. Alles ist abgekartet. Als mir ein Touri mit einem dieser Mädels im Schlepptau in einem Supermarkt beim Rausgehen entgegenkommt informiere ich ihn im Vorbeigehen. Da ist die Gute richtig fuchtig geworden.
Samstag, 22.02.2014, Siem Reap – Battambang
Für 6 Uhr ist die Abholung geplant. Die Zeit wird genutzt um sich mit den Rezeptionistinnen auszutauschen. Ich erfahre, dass in Kambodscha in der Regel mit 17 – 19 Jahren geheiratet wird, teils auch jünger. Zudem ist es komisch, wenn eine junge Frau nicht mehr zu Hause wohnt. Kambodschanische Männer hätten ein schlechtes Verständnis vom gemeinsamen Leben. Und dass sie jetzt Thai lernen, denn in Thailand verdient man mehr. Dann kommt jemand gemütlich den Eingang herein geschlendert. Sieht nach Busfahrer aus. Schöner weise wird der für sieben Personen ausgelegte Bus mit 10 Touristen vollgepackt. Getankt wird übrigens immer erst wenn der Bus voll ist. Überall. Wie auch die anderen Reisenden mit Unglauben bestätigen. Das war auch in den ganzen anderen Ländern so – Sinnhaftigkeit bleibt offen. Man könnte es verstehen, wenn der Fahrer zu Beginn Geld bar auf die Hand bekommt. Dem ist aber nicht so.
Die eigentliche Abfahrt des Bootes ist um 7 Uhr, einige andere durften länger schlafen und so fahren wir gegen halb Neun ab. Am Anleger verkaufen Frauen intensiv und fast lästig Frühstück. Es gibt allerdings französisches Weißbrot wie es in Paris nicht besser sein könnte. Drei gehen über die Reeling als Ersatz für den Tresen.
Es geht durch einen Flussarm bzw. Kanal auf den offenen See. In der Regenzeit bis zu 14 m tief, ist der Tonle Sap zur Zeit ca. 2,50 m tief. Es ist der größte See Südostasiens und einer der fischreichsten Binnengewässer weltweit. Füllen wird er sich wieder zu Beginn der Regenzeit, wenn der Mekong so viel Wasser führt, dass es in den See bzw. den Tonle Sap Fluss zurückstaut. Dann ändert sich die Fließrichtung des Flusses – weltweit ein einmaliges Phänomen.
Es gibt sehr viele Pfahlbauten, schwimmende Häuser und Fischerboote. Durch die immense Höhe des Wassers sind die Pfahlbauten sehr hoch. Entsprechend gagsig stehen sie ohne Wasser herum. Unterwegs wird der Tank (ein gelbes Plastikfass unter den Holzbohlen) nachgefüllt. Regelmäßig wird auch Kühlwasser ergänzt. Im Detail wird eine kleine Trinkplastikflasche mit Wasser aus dem Fluss gefüllt und mit dem kleinen Loch auf der Unterseite zwischen den Schiffsplanken platziert. Wenn es dampft ist die Flasche richtig positioniert. Kapitän und Schiffsjunge wechseln sich beim Fahren ab.
Nach dem wir den See überquert haben fahren wir durch ein weiteres schwimmendes Dorf. Durch Hupen macht der Kapitän auf das Boot aufmerksam. So werden mit kleinen Booten einige Waren und ein paar ältere Frauen an Bord gebracht. Teilweise stehen auch unterwegs Boote schon wartend neben der Fahrrinne.
Überall sind Reusen und große Netze, die an Bambusgestängen und Flössen leicht schräg im Wasser hängen. In Häusern werden die kleinen Fische noch kleiner gemacht und irgendwie verarbeitet. Dies ist eine Fischpaste, die im Februar hergestellt wird.
Man fragt sich auch hier wie lange noch Fische in den Netzen sind. Der Fischreichtum soll zwar nach wie vor groß sein, allerdings auch hier fallende Tendenz.
Um 13 Uhr machen wir Mittagsstopp. 13 Uhr war die prognostizierte Ankunftszeit am Zielort. Es sind aber sicher noch 30 km flussaufwärts. Und da der Fluss kaum noch Wasser führt schlängeln wir uns Kurve um Kurve im Schritt- bzw. Wattempo aufwärts. Teilweise muss gestoppt werden, um rückwärts zu fahren und dann weiter um die Kurve.
Wir fahren an den Behausungen von Menschen vorbei, die während des Monsun woanders oder nur auf dem Boot leben. Viele sind sichtbar sehr arm. Hier winken auch nur (noch) die Kinder. In Myanmar haben auch die Erwachsenen (noch) gewunken.
Monsun heißt hier auch die Müllabfuhr. Sie kommt einmal im Jahr für ca. 6 Monate vorbei und nimmt alles mit was während der Trockenzeit bereit gelegt wurde. Und das, obwohl die Leute komplett vom Wasser leben.
Mittlerweile wirft der Lack auf der Holzabdeckung über dem Motor neben mir, aufgrund der Hitze, der der Motor unter ihm produziert Bläschen. Dank des Seefahrscheins habe ich „Grundkenntnisse Feuerbekämpfung an Bord“ erlangt. Anwenden wollte ich diese heute allerdings nicht. So geht es weiter mühsam den Flusslauf aufwärts. Der Motor läuft permanent auf – lauten – Hochtouren. Was man dem Captain lassen muss ist sein Gespür für die handbreit Wasser unterm Kiel. Irgendwann führt der Fluss auch wieder mehr Wasser und so geht es ein wenig zügiger weiter.
ETA (Estimated Time of Arrival) liegt mittlerweile bei 17 Uhr. Nach einer sms-Kommunikation mit dem Ansprechpartner der Station, zu der ich fahre, empfiehlt dieser mir zu übernachten. Ich präferiere Battambang, da hier das Angebot größer ist.
Sonntag, 23.02.2014, Battambang – Pursat/ MCNC
Endlich mal wieder ausgeschlafen. Um 9:15 Uhr fährt der Bus los. Am „Busbahnhof“laufe ich erst mal vorbei, da dieser unscheinbar ist. Dann warten. Einige andere Touris auch. Einige verschwinden in Kleinbussen. Es stellt sich die Frage wie ein Bus mit mindestens 18 Sitzplätzen hier parken soll. Soll er gar nicht. Denn als mal wieder ein Kleinbus anhält frage ich den Busbahnhofvorsteher, ob dieser Bus denn nach Pursat fährt. Ich soll den nehmen, der fährt zum Busbahnhof. Diesen entscheidenden Wissensvorsprung teile ich mit anderen Backpackern. Auf der Fahrt zum großen Busbahnhof prüft der Einheimische neben mir sein Ticket: Abfahrtszeit 9:30 Uhr, Ausstellungszeitpunkt des Tickets laut Aufdruck: 9:41 Uhr….
Um 10:15 Uhr geht es dann los. Nach ein paar Kilometern tanken wir erst mal. Ansonsten ist die Fahrt sehr angenehm: eine gut geteerte Straße, kaum Hupen und die schnulzigen Musikvideos und der schlechte Film werden in normaler Lautstärke gezeigt.
Der Bus fährt in dem Städtchen Pursat ein. Der Centerleiter, ein Missionar von den Philippinen, holt mich in Pursat downtown ab. Während ich auf ihn warte und die Straße entlang blicke frage ich mich, wer auf die Idee gekommen ist, dass ich hier herfahre.
Nach einem Essen und erstem Austausch fahren wir mit dem Tuk Tuk zur Anlage, die ca. 10 km außerhalb des Städtchens liegt – in the middle of nowhere. Auf der offline-Karten-App gibt es dazu keine Straße (die Wege zwischen den Tempeln in Bagan in Myanmar waren dagegen alle detailliert dargestellt).
Die Anlage hat den Namen „Mondul Croap Nei Chivit“, ist Khmer und steht für „seed for new life centre“. Ein Rundgang über die Anlage: ein Gebäude in dem der Kindergarten untergebracht ist, ein paar Häuser, in denen die Angestellten wohnen und ein Gebetshaus. Die Gebäude für die Landwirtschaftsfortbildung stehen leer, da diese nicht mehr betrieben wird. Des weiteren das Haupthaus, das auch als Gästehaus benutzt wird. Dort ist im ersten Stock mein „Zimmer“. Das Haus ist komplett aus Holz, Dielenboden mit Durchsicht und das Dach aus Wellblech. Mein „Zimmer“ ist der rechte obere „Flügel“ oberhalb des kleinen Teiches – zu den steilen Holztreppen in der Mitte des Hauses durch einen Vorhang abgetrennt. Der ist aber meist offen, für ein bisschen Luftzirkulation. Ein Bett, ein Stuhl, ein winziger Schreibtisch und eine Kleiderstange sowie ein Bambussessel. Was will man mehr.
In Abwesenheit werden mir noch die Mitbewohner des Hauses vorgestellt: Geckos, die bekanntermaßen nachts, auch gerne mal laut, schnattern, ungefährliche Spinnen, ein paar Ratten und hin und wieder auch mal eine Schlange.
Sonst leben auf der Anlage noch:
• Eine Volontärin aus Südkore, die hier noch ein Jahr ist
• Der „Site-Manager“, der seit ein paar Wochen wieder hier arbeitet und sich um die Anlage kümmert bzw. kümmern soll
• Die junge Lehrerin, die vor einigen Jahren in Passau drei Monate eine Fortbildung zur Montessouri Lehrerin gemacht hat, zwischenzeitlich woanders war und jetzt wieder hier ist.
• Ein 18 Jahre alter Angestellter, war viele Jahre Mönch, und hilft jetzt bei allerlei Aufgaben auf der Anlage.
Der Centerleiter hat morgen einen Termin in Battambang und somit fährt er heute Nachmittag schon hin. Ein entspannter Nachmittag für mich. Lesen und ankommen.
Ein alter Engländer und eine Volontärin aus Italien sind mit einer Gruppe Kinder wie jeden Sonntag am Pool und geben Schwimmunterricht. Man stellt sich die Frage, warum so eine Anlage einen Pool benötigt. Er wurde vor vielen Jahren gebaut und nachdem er lange Zeit inaktiv war wurde er vor einigen Monaten wieder aktiviert, da auch Nutzer von anderen Schulen außerhalb kommen. In der Monsunzeit kann Schwimmen lebensrettend sein.
Stolz berichteten dem Engländer zwei fünfzehnjährige Schülerinnen heute Morgen, dass sie jetzt einen Job hätten: unter der Woche abends von fünf bis zehn, sonntags von sechs Uhr morgens bis abends um zehn. Sie sind happy ein wenig Geld für die Familie mitzuverdienen, meint der mit seinen fast komplett fehlenden Zähnen leicht skurril wirkende, 65-jährige Engländer, der seit über einem Jahr in Pursat ist.
Schwimmunterricht gibt es heute keinen, da der Lehrer nicht gekommen ist. Die Kinder genießen die unbeschwerte Zeit im Pool, meint der Engländer.
Die erste Nacht unter dem Moskitonetz. Es kühlt schön ab, so dass man zu späterer Stunde gut schlafen kann.
Montag, 24.02. – Sonntag, 02.03., Pursat/ MCNC & Phnom Penh
Frühstück mit allen. Zwei Männer sind noch dazu gekommen. Sie helfen auch bei den diversen Aufgaben, die anfallen, um die Anlage in Schuss zu halten, wohnen aber nicht auf der Anlage, sondern im Dorf.
Ich laufe alleine über die Anlage, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Immerhin sind es acht Hektar. Ich habe heute noch „frei“ und kümmere mich um allerlei privates.
Mir wird schnell klar, dass ein zweiwöchiger Aufenthalt hier gar nichts bringt. Für niemanden. Da die Aktivitäten im Anschluss noch nicht klar bzw. zeitlich undefiniert sind entscheide ich mich bis ca. Ende März oder Anfang April hier zu bleiben. Neben der Sinnhaftigkeit an Arbeit, die in sechs Wochen wesentlich höher ist, ist es hier ein bisschen wie Urlaub auf dem Lande. Zudem möchte ich noch mal nach Angkor Wat fahren, die zwei Tage waren zu kurz. Und ich möchte ein wenig über dieses korrupte Land und seinen Umgang mit der Vergangenheit erfahren und dies verstehen. Und ich möchte herausfinden, wie der Centerleiter und die Mitarbeiter hier arbeiten und was sie antreibt.Der Leiter hätte mich gerne länger hier, ein paar Monate, am liebsten ein Jahr.
Heute kümmere ich mich um die Webseite der Station. Es gibt noch keine. Man muss sich daran gewöhnen dass beim ruhigen Arbeiten um einen herum sich meist irgendetwas bewegt (Geckos) oder Geräusche macht (Geckos, die Ratten hinter der Wandverkleidung oder diverse „Flugobjekte“).
Ob ich schon einen EAW-Schal um den Hals habe – im Besitz eines solchen bin ich seit gestern, umhaben nein. Auch wegen der Hitze. Was ein EAW-Schal ist? Viele der„Expert Aid Worker“ oder backpacker, die etwas mit Entwicklungsarbeit zu tun haben, sind an den Schals zu erkennen.
Am Abend kommen drei Mitarbeiterinnen anderer Missionen vorbei – die eine von den Philippinen, sie arbeitet an der Grenze zu Thailand auf einer Station. Die beiden anderen aus Malaysia, aus dem Teil der an Borneo angrenzt. Sonst wird selbst gekocht, heute wurde eine „Köchin“ engagiert. Die Köchin ist eine der Frauen aus dem Dorf.
Mittwochmorgen unterstütze ich die Arbeiter beim Bambus schneiden. Die bis zu armdicken Stränge müssen mit einer Art langstieligen Machete ausgedünnt werden. Eine robuste Pflanze aus dem Garten Eden. Da allerdings kein Wettbewerb in kolonialer Landschaftsgärtnerei des 19. Jahrhunderts gewonnen werden muss, kann entsprechend sorglos ausgedünnt werden. Alle Bewohner aus dem Garten Eden haben sich hoffentlich aufgrund des Lärms bereits verzogen. Mit der Machete freunde ich mich ganz gut an.
Nachmittags geht es mit dem Bus nach Phnom Penh. Mein Visa für Vietnam muss ich neu beantragen, da dieses nur bis Mitte März gültig ist. Unterwegs geht es vorbei an endlosen Reisfeldern. Vor Phnom Penh sind dann einige große und durch hohe Mauern und Kameras gut geschützte Firmen. Die Mitarbeiter werden auf Lkw angekarrt. Früher lag der Lohn bei 80 $ pro Monat, heute liegt er bei 100 $ aufgrund des letzten „Kabinettsbeschluss“- die nächsten Streiks sind bereits angekündigt (laut Zeitung).
Abends gehen wir mit den drei Besucherinnen von gestern, die sich mittlerweile auch in Phnom Penh befinden, nochmals essen. Vegetarisch. Toll, dass ich dies auch mal erfahren darf.
Donnerstagmorgen ist dann nach nur einer guten Stunde das Visa angepasst, für gerade mal 40 $. Wieder vier Stunden Bus zurück nach Pursat. Ich bastele ein wenig an dem Konzept für die Webseite weiter.
Am Freitagnachmittag ist wieder „Bamboo cutting“ angesagt. Gestern Nachmittag hatten die Männer einen ca. 15 cm langen Tausendfüßler (diesen konnte ich noch in einer kleinen Evian-Flasche, die er in der Länge ausfüllte, bewundern) und eine Schlange gefunden.
Samstagmorgens finden allerlei Abstimmungen mit den Angestellten bzw. Mitarbeitern statt. Daher habe ich wieder Zeit für mich. Nachmittags fahren wir mit dem Lasten-Tuk-Tuk (das einzige Gefährt auf dem Gelände) in die Stadt. Eine gute Internetverbindung ist notwendig. Zurück geht es wie immer mit dem Motorradtaxi.
Sonntag. Anders als man ihn kennt. Um 7 Uhr ist wie jeden Tag Frühstück. Es gibt Toast mit Marmelade (in Ermangelung eines Kühlschranks ohne Butter) oder Reismantsche oder Nudeln oder Nudeltütensuppe, wie jeden Tag. Als Getränk kann zwischen Wasser aus dem 15 l Wasserbehälter (gekauftes Trinkwasser), Tee oder pechschwarzem Kaffee gewählt werden. Dazu wie auch mittags und abends immer irgendein Obst. Alles was die Tropenecke des gut sortierten Einzelhandels bietet und noch ein bisschen mehr: Mango, Papaya, Guave, Drachenaugen (ähnlich wie Litschi), grüne Orangen, Bananen, Melone.
Montag, 03.03. bis Sonntag, 09.03., Pursat/ MCNC & Siem Reap
Die zweite Woche bricht an. Es ist hier wie im Tropenhaus der Stuttgarter Wilhelma. Immer wieder mal tauchen Frösche (teilweise die Größe meiner Faust), Kröten, tagsüber grandiose Schmetterlinge, Eichhörnchen, dazu Geckos (im Haus hin und wieder ein Exemplar in der Größe eines kleinen Leguans), Eidechsen, die teilweise aussehen wie kleine Drachen, wenn sie Ihren Rückenkamm aufstellen und weiteres Getier auf. Dazu die Ratte (bzw. Rattenkleinfamilie) im Haus, die für viele abschreckend klingen mag. Aber sie ist sehr wenig an Kontakt interessiert und viel zu intelligent für unangenehme Aktionen. Des weiteren räumt sie alles kleinere weg, was sonst so rumlaufen würde. Und auf der Palme vor dem Fenster schaut dann je nach Tageszeit allerlei Getier vorbei. Ein Honigbeißer, die Dracheneidechse und zur Dämmerung die Ratte – alle scharen sich um die Kokosblüten und fressen diese direkt oder umher kreisende Insekten.
Nachmittags geht es wieder in die Stadt. Der Centerleiter benötigt gutes Internet, da sage ich nicht nein. Am Abend kommt dann eine Gruppe von neun Ärzten vorbei, die für ca. drei Wochen in Kambodscha sind und von Battambang aus in verschiedene Dörfer fahren, um dort kostenlos Behandlungen durchzuführen. Sie machen hier Zwischenstation, da sie tagsüber in einem der schwimmenden Dörfer waren. Organisiert wird das Ganze von einer Kircheninstitution in Battambang bzw. einer Organisation in Spanien (www.sauceong.org). Die Ärzte, alle gerade mit dem Studium fertig, kommen aus ganz Spanien. Ich kann mir nicht verkneifen, dass die „Schlabberhosendichte“ extrem steigt.
Dienstagmorgen schauen sie sich alle noch die Kinder in der Schule an. Dann fahren sie mit einem großen Jeep in das nächste Dorf – die Nonne, die Spanierin, die als Pharmazeutin schon über ein halbes Jahr in Battambang ist, drei kambodschanische Übersetzer und die neun Ärzte, die gerade alle mit dem Studium fertig sind.
Ich kümmere mich um die Vorbereitung des Englischunterrichts für die Angestellten.
Beim Mittagessen wurde mir angedroht, dass für mich kein Essen mehr (mit)gekocht wird, wenn ich zu streng beim Englisch lernen bin. Schwere Entscheidung…
Der Centerleiter und ich unternehmen einen Spaziergang durch das Dorf. Das mit Dorf verbundene Bild gilt es hier auf die Ferne ins rechte Licht zu rücken. Ca. 130 Häuser gibt es – in denen zwischen einer und bis zu drei oder vier Familien wohnen. Meist sind es Häuser auf Stelzen. Die meisten sind rechts und links der Sandstraße – bei uns würde die Straße Ackerweg heißen. Einige sind unter Koordination von dem Center erstellt und von ausländischen Organisation co-finanziert. Von den knapp 1.000 € muss der Eigentümer 20% selbst bezahlten. Somit wird den Leuten langsam beigebracht, was Eigentum heißt. Das Center achtet darauf, dass auch alles gepflegt wird. Weiterverkauf ist ausgeschlossen. Wenn der Leiter über die Leute und das hiesige Leben erzählt, wird klar, dass an allen Stellen eigentlich immer etwas zu tun ist – der Bürgermeister, der wenig hinbekommt, ein falsches Verständnis der Leute über zur Verfügung gestellte Dinge, ein katastrophaler Umgang mit der Natur, usw.
Auch am Mittwoch geht es sich gemütlich an. Morgens beschäftige ich mich wieder mit dem Bambus, um das regional sehr angesehene „bamboo cutting diploma“ zu erhalten. Nachmittags darf ich mich um meine Sachen kümmern und dann folgt die erste Englischstunde mit den Angestellten. Alphabet, Zahlen, Uhrzeit – der Lernstoff für die heutige Stunde. Das vorhandene Wissen ist von bis – inklusive „nicht schreiben können“.
Das Wetter ändert sich schon langsam in Richtung Regenzeit. Es wird tagtäglich heißer. Gestern gab es in der Ferne bereits ein Gewitter. Hier in der Region regnet es immer als letztes. Dies wird auch offensichtlich wenn man sich mit dem Bus in irgendeine Richtung bewegt. Überall ist es meist noch grüner.
Freitagmorgen fahren der Centerleiter und ich kurz nach sechs mit dem Motorradtaxi in die Stadt. Frühstück lokal – Reis zusammen mit dem Schlegel eines unterernährten Hühnchens. Dazu bestelle ich Tee. Gebracht wird ein Glas Tee mit Teeblättern und dicken Teestengeln. Das Ganze verkehrt herum auf einen Unterteller gekippt – Vakuum macht es möglich. Schmeckt leider nicht so gut wie die Aufmachung, extrem bitter, trotz drei Teelöffel Zucker.
Der Leiter setzt sich in den Bus nach Phnom Penh, ich in den nach Siem Reap.
Alltagsszenen von der Straße:
· Am Straßenrand spielen Motorradtaxifahrer ein Spiel mit Flip Flops – diese werden mit dem Fuß über den Gehweg gekickt. Nähere Regeln sind bisher unbekannt.
· Ananas und Mangos werden an der Bushaltestelle frisch geschnitten verkauft
· Es gibt Baguette vom „Fahradverkaufsstand“
· Ein LKW mit Sand wird rückwärts abgeladen – der vordere Teil steht 45 Grad in den Himmel. Das rummst schön, wenn die Ladefläche leer ist
· Zur Schule wird hier nicht ein Kind mit dem SUV gefahren, sondern bis zu drei mit dem Motorrad.
Plöztlich bleiben wir ohne Begleitgeräusche stehen. Irgendwann bekomme ich dann heraus, dass die Kupplung am Bus kaputt ist.
Die allgemeine Einheit zur Lösung eines Problems ist eine Stunde. So soll es auch hier eine Stunde dauern bis der Ersatzbus da ist. Ein paar wenige Locals steigen um. Der Busjunge, der mittlerweile mit einem Stück Kupplung in der Hand vom Einsammeln auf der Straße zurück ist, weist auf die andere Busgesellschaft des Buses der hinter unserem angehalten hat, hin, um im Vorfeld Diskussionen wegen der zusätzlichen Kosten zu entgehen. Da die Familie in der Sitzreihe vor mir umsteigt, steige ich auch in den Bus um.
Busfahrer und Busjunge grinsen sehr zufrieden bei der Frage was es nach Siem Reap kostet. Als ich einsteige sehe ich warum. Der Bus, eigentlich ein Nachtbus mit einer Art Liege für jeden Gast, ist menschenleer. Die Liegeplätze unten und der Gang ist mit irgendwelchen Säcken ausgefüllt. Das nenne ich ökologische Nutzung von freiem Transportraum.
Drei andere Touris und eine andere lokale Familie gesellen sich auch in den Bus. Angenehm kühl und liegend geht es nach Siem Reap. Das die Fahrt noch mal die Hälfte des Preises für nur knapp ein Drittel der Reststrecke kostet stört mich hier nicht. Die Jungs haben die Chance ergriffen und ein paar Dollar zusätzlich verdient. Und ich komme definitiv bald in Siem Reap an.
In Siem Reap angekommen geht es am frühen Nachmittag direkt mit dem Fahrrad zu den Tempeln. Beim Warten auf die Eintrittskarten sind es um 16:30 Uhr 35°C im Schatten. Ziel ist der Sonnenuntergang am Angkor Wat – allerdings wenig spektakulär aufgrund mangelnder Sonne. Der Verkehr, der rund um die Tempel herrscht, ist nicht unerheblich. Tuk Tuk, Busse, ein paar Fahrräder, Jeeps und Autos – und das jeden Tag. Abends gehe ich in der Stadt essen – beim bekannten Grillmeister, danach noch einen Drink in der Bar mit Livemusik: Philippinische Sängerinnen trällern europäische Charts….
Am Samstagmorgen dann wieder mit dem Fahrrad zu weiteren Tempeln: Bayon, Baphuon und ein erster Teil der Elefantenterrasse. Dazu streiche ich noch auf ausgetrampelten Pfaden durch die Anlage auf der früher der Palast stand. Da dieser aus Holz war ist davon nichts mehr übrig.
Viele Einheimische sitzen am Nachmittag auf der Wiese vor dem Angkor Wat und machen Picknick – sozusagen der Park von Siem Reap.
Auf dem Heimweg kaufe ich dann an einem der Straßenstände (ein paar quer gelegte Bretter mit schön aufgestapeltem Obst) noch frische Mangos für den Vitamhaushalt. Der Familienvater sprudelt von alleine über die herrschenden Missstände und Korruption los. Ich befinde mich ca. 600 m vom Eingang des Angkor Wat entfernt – zwischen den Bäumen ist ein kleines Dorf, dass keine Schule hat. Das „government“ würde nix machen, Arbeit hat er hin und wieder, Essen holt er meist aus dem Wald. Und die Korruption wäre so schlimm.
Mit ca. 300 anderen Leuten genieße ich dann abends entspannt den Sonnenuntergang. Eine riesige Horde Touristen schiebt sich dazu den Tempelberg hoch, um von der oberen Plattform aus auf den Angkor Wat und den großen westlichen künstlichen See zu schauen. Ein Raunen geht durch die Menge – eine Wolke versaut den potentiellen Sonnenuntergang. Zügig leert sich daraufhin die Tempeloberfläche. Zurück bleiben in erster Linie noch ein paar europäische Touristen. Dann werden auch diese und der Rest zum Verlassen gebeten – Abstieg und Heimradeln.
Abends geht es wieder zum Grillmeister – heute gibt es neben Steak auch Frosch, typisch Khmer. Schmeckt bekanntermaßen wie Huhn – oder Huhn schmeckt wie Frosch.
Der Sonntag ist heute schon wieder kein Sonntag. Um 5:30 Uhr geht es bei 23°C zum Sonnenaufgang am Angkor Wat – mit ca. 500 anderen Frühaufstehern. Irgendwann zeigt sich die Sonne dann auch hinter den Türmen. Die Bauten sind auch bei den Folgebesuchen immer wieder von Neuem beeindruckend.
Nach einem Frühstück (Omelette und französisches Baguette) radele ich zu weiteren Tempeln. Noch mal die Elefantenterrasse und dann, da die direkte Strecke gesperrt sind, ein paar Kilometer extra mit Fahrrad. Der Ta Prohm Tempel ist dann der Letzte. Hier wird an einigen Beispielen deutlich wie unglaublich beeindruckend jede einzelne Anlage einmal gewesen sein muss. Es wurden hier einige Teile aufwändig restauriert. Viel Arbeit liegt noch wie von Riesenhand durcheinandergeschüttelt zwischen Urwaldriesen und noch intakten Gebäudeteilen.
Ich würde mir gerne noch mehr anschauen, aber es ist zu heiß und zu voll. Mit Blick auf den Sra Sree, einen der künstlich angelegten Wasserbecken, gibt es Mittagessen. Auf diesem fährt ein „Katamaran“ – zwei Holzboote sind mit Brettern verbunden. Die dem Stamm nahen Enden von Palmblätterstielen werden als Paddel benutzt.
Unterwegs halte ich noch mal an einer Reihe von Bretterbuden. Ich kaufe was zu trinken. Durch die Türe sieht man ein Bett stehen – auf die Frage, ob der Mann hier wohnt meint er „this is my home“, samt Frau und ca. 4 Kindern – wir sprechen von ca. 12 – 15 m2 Bretterbude. Davor stehen zwei, drei Kühlboxen, aus denen kühle Getränke verkauft werden. Wie aus dutzenden anderen Kühlboxen. Meist gibt es noch frische Kokosnuss, Chips sowie Mango. Sobald man sich einem dieser Verkaufsansammlungen nähert schallt es schon mehrstimmig „cold drinks“, „Coca“, „cold water“ und „coconut“ im Chor.
Bei 35° C fahre radele ich mit Vorfreude auf die Klimaanlage nach Hause.
Erholt geht es abends mit dem Motorradtaxi noch vor die Stadt. An einer bereits fertig gestellten Straße in einer Art Industriegebiet, bei der allerdings noch die Häuser rechts und links meist fehlen, haben sich allerlei Stände aufgereiht. Hier fahren, besonders Sonntagabends, alle locals hin und kaufen ein oder essen. Auch ich esse hier am Straßenrand – bei uns würde man sagen in der „Gosse“. Weiter geht es noch in eine lokale Bar – damit das Geld in der Familie bleibt hat die Schwester vom Inhaber den Bruder der Frau geheiratet. Pure love.
Bei Gesprächen erfährt man hier wieder allerhand:
· Über 50% heiraten auch hier noch nach „Absprache“.
· Wer keine Eltern hat steht ein wenig dumm da, denn es kümmert sich sozusagen niemand um die Heirat.
· Nicht selten sterben die Eltern hier früh oder sind als Spätfolgen der Kriegswirren nicht bekannt.
· NGO’s haben auch hier den Ruf, dass das Geld oft für große Autos verwendet wird, zumindest fällt dies auch hier wohl sehr auf.
· Auch hier unterstützt die Kirche, zum Beispiel wenn jemand neu in der Stadt ist und noch keine Wohnung hat, dann kommt man erst mal in dem Räumlichkeiten der Kirche unter.
Montag, 10. – Sonntag, 17.03., Siem Reap, Pursat/ MCNC, Battambang & Pailin
Die dritte Woche in Kambodscha. Morgens werde ich mit dem Motorrad zum Busbahnhof gebracht. Das war es mit Siem Reap und dem Stadtleben. Tat gut. Die Familie, mit denen ich bereits auf der Hinfahrt im Schlafbus war ist auch am Busbahnhof. Sie grüßen freundlich und wir „unterhalten“ uns kurz. Der Vollständigkeit halber – im Bus läuft ein Heldenfilm aus alten Zeiten und Musikvideos. Bei einigen der mittanzenden im Video hat man den Eindruck, dass sie zufällig bei den Aufnahmen vorbeigekommen sind und jetzt im Video mittanzen.
Unterwegs überholt der Bus einen Jeep mit schwarz gekleideten Männern – zu dem Aufdruck auf den Kampfanzügen ist außer einer kritischen Äußerung im Internet (aus dem Ausland) nichts zu finden. Ich weite die Suche nicht aus.
Im Internet trifft man oft auf wenig gutes, was über dieses Land bzw. die Situation geschrieben wird. Hier nur ein Beispiel:http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Wird-Diktator-Hun-Sen-in-Kambodscha-gestuerzt/20131003. Der Artikel gibt denke ich einen guten Rundumblick, wo das Land gerade steht. Apropos stehen – das Land steht in der Liste der reichsten und ärmsten Länder der Welt an Platz 130 von 175 (Quelle: UN Development Report).
Für den Hobbybiologen ist das hier weiterhin ein Paradies. Es kreucht und fleucht immer mal wieder irgendwo. Bemerkenswert sind zum Beispiel die Ameisen. Von der Größe vergleichbar wie unsere Waldameisen bauen diese aus mehreren Blättern von Pflanzen oder von Bäumen direkt auf der Pflanze bzw. Baum eine Art Nest, in die die Eier gelegt werden. Diese Nester sind auch eine Delikatesse – so ein Nest kostet immerhin mehrere Dollar, wird in die heiße Suppe samt Eiern und Ameisen geschüttet. Schlafen scheinen diese nie – egal wann man nachschaut, sie sind immer aktiv und stets auf der Hut. Wenn die Machete auf einen Ast fällt, auf dem gerade eine Kolonie unterwegs ist, so „bekämpfen“ die Ameisen treffsicher die Stelle, auf der die Machete eingeschlagen ist. Kurzzeitig bis zum nächsten Einschlag.
Mittwochmorgen helfe ich dem Centerleiter bei der Erstellung einer Übersicht für die Volontäre und einiger anderer Aufgaben im Büro. Danach werden Obstbäume geschnitten – wieder Ameisen überall und die Viecher beißen sich fest in die Haut.
Während ich nachmittags unten im Haus sitze laufen zwei kleine Kinder aus dem Kindergarten am Teich vorbei und sehen die Samendolde einer verblühten Lotusblüte – schnell hin, abgezwackt und in den kleinen Schulrucksack gesteckt. Ein bisschen mehr auf dem Abendessentisch. Danach wird dann noch eine noch nicht aufgeblühte Blüte direkt verdrückt. Unterwegs sieht man oft Stände, an denen die Lotusblüten verkauft werden – für ca. 0,50 $ das Stück. Die Dolden haben innen eine Art Nuss. Nach meinem Geschmacksverständnis keine Köstlichkeit.
Eine Schar von koreanischen Frauen, die samt Familien in Phnom Penh wohnen schauten kurz vorbei. Ich konnte mir nicht verkneifen „Europe in 5 days, the station in 8 minutes“ – die Volontärin nahm es gelassen. Wer mehrere Jahre in Indien, u. a. in Kalkutta volontiert hat, den stört eh nichts mehr.
Am Donnerstag stattet der Bischof aus Battambang, gerade auf der Durchreise, einen kurzen Besuch ab. Ansonsten wird der flyer erstellt.
Freitagmorgen geht es um 6 Uhr in die Stadt. Frühstück – Reis und Huhn. Dieses Mal hatte dieses ausreichend Reis abbekommen. Dann geht es mit dem Bus nach Battambang. Ich muss einmal über die Grenze, damit mein Visum von Kambodscha verlängert wird. Battambang liegt auf dem Weg und so verbinden wir die Fahrt mit einem Besuch in der Präfektur.
Die Präfektur in Battambang- ein sehr großes Areal mit mehreren Gebäuden im Kolonialstil: Administration, Krankenstation, Kindergarten, administrative Räume für Bischof und Pfarrei, Unterkünfte, Gästehaus, Kirche und weitere Gebäude. Hier wird jetzt auch die Verbindung zu den Jesuiten deutlich. Die Präfektur ist von den Jesuiten geführt, der Bischof ist auch Jesuit. Er hat nach einigen Jahren in den Flüchtlingscamps in Kambodscha weiter gearbeitet. Das ganze seit 1988. Insgesamt arbeiten um die 100 Leute hier in der Präfektur. Hauptziel ist es „…restore life after the war…“. So gibt es neben den Schulaktivititäten auch medizinische Hilfe und Unterstützung durch verschiedene Projekte für die Opfer von Landminen.
Parterorganisationen sind Caritas, Don Bosco, New Humanity, Japan Ly Missionary Movement und Auxiliare de l’Apostolat sowie SAUCE aus Spanien.
Am beeindruckendsten ist als ein junger Spanier (Anfang 20, hat ein paar Monate für eine Bank in London gearbeitet, Geld gescheffelt und ist seit über einem Jahr hier) von seiner Arbeit erzählt. Sie unterstützen in Regionen, in denen die Regierung es nicht für notwendig hält oder es nicht hinbekommt Schulen zu erstellen. Darunter sind Dörfer, die die offiziellen Stellen teilweise gar nicht kennen. Unter eigenen Häusern fangen Menschen aus den Dörfern an freiwillig den Kindern Unterricht zu geben. Die Präfektur unterstützt diese, mit den Bewohnern wird dann nach und nach eine richtige Schule gebaut, das Material gestellt, die Arbeit überwacht, die Eltern helfen mit.
In den höheren Klassen („Grade“ 4, 5 und 6 – um die 9, 10,11 Jahre alt oder auch älter, da es in den jungen Jahren dieser Kinder keine Schule gab) ist oft eine Verringerung der Schülerzahl zu sehen. Die Kinder sind so groß, dass sie zu Hause mithelfen können und dürfen daher nicht mehr in die Schule gehen. Die Präfektur zahlt den Eltern dann beispielsweise in Form von Reis den „Verdienstausfall“, der entsteht, wenn die Kinder in die Schule gehen. Somit kommen diese weiter in die Schule.
Meist fahren ein paar Leute der Gruppe, die aus ca. 10 Leuten besteht, jeden Tag an eine oder mehrere Schulen, teils Stunden mit dem Jeep oder mit dem Boot und unterstützen.
Wenn man in Deutschland schon mal über die Kirche sich fragen stellen kann so verblassen diese Gedanken hier schnell. Beim Mittagessen – am Tisch der Bischof, ein indischer Geistlicher, mehrere spanische Ärzte und Volontäre und der Centerleiter – schaue ich mich um und denke nur „Gutmenschen“. Alle strahlen eine Zufriedenheit aus, sind für ein paar Wochen, Monate oder Jahre hier.
Am Nachmittag fahren der Centerleiter, ein Angestellter (er „darf“ uns fahren) und ich mit dem Motorrad vor die Stadt. Das nächste Bahnfahrerlebnis steht an. „Bamboo train“. Auf der ehemaligen Strecke von Phnom Penh zur Grenze nach Thailand, die seit dem Krieg nicht mehr genutzt wird, haben die Bewohner der angrenzenden Dörfer irgendwann angefangen aus Bambus kleine Wagen zu bauen. Diese wurden dann über die Schienen gestoßen.
Heute sind die Wagen aus Holz und Bambus und haben einen Dieselmotor oben drauf. So geht es ganz schön zügig über die Schienen, die gewaltige Dellen und Freiräume zwischen den einzelnen Schienenstücken haben. Ein schönes Erlebnis.
Die Kinder an der Endhaltestelle laufen auf die Touristen zu, wenn diese ankommen. Auffallend ist ein kleines Mädchen. Die kleine Schwester an der Hand und in den Augen der prüfende Blick, der den Eindruck machte, zu wissen, wer Geld bringt und wer nicht. Falls der neue Bamboo train kein Einkommen verspricht geht es mit der Schwester an der Hand zurück zu den anderen Kindern.
Auch in Kambodscha gibt es kaum schreiende Kinder. Wenn dann mal nur sehr kurz. Und das Land ist voller Kinder. Auffallend ist zudem ihr glückliches und vielleicht sogar zufriedenes Lachen, dass man sehr oft sieht.
Auch bei der bamboo train fragt man sich wo das Geld bleibt, das die Touristen abdrücken – 5 $ pro Fahrt. 1,75 $ bekommt der Fahrer – der Rest? Wahrscheinlich noch etwas für den überaus engagierten Polizisten der Touristenpolizei und die anderen „Abhänger“ am alten Bahnhof. Sieht auf dem Foto meiner Ansicht nach aus wie in einem schlechten Western.
Samstagnachmittag geht es dann per Jeep mit Fahrer, dem Pfarrer und Jed nach Pailin, an die thailändische Grenze. Den Pfarrer setzen wir bei der Kirche ab.
Ein seltsames Schauspiel bietet sich dann an der Grenze. Ziel ist es, kurz über die thailändische Grenze zu gehen, um dann wieder nach Kambodscha einzureisen. Bei der „Einreise“ wird dann ein neues Visum für vier Wochen ausgestellt.
Ich reise somit aus – ab zur Passkontrolle und ein gelangweilter Beamter stempelt etwas in den Pass. Mit dem Auto verlassen wir somit das Land – der Fahrer und der Centerleiter müssen sich nicht ausweisen. Das Auto parkt dann vor dem thailändischen Schlagbaum an der Seite. Wir befinden uns auf Niemandsland.
Auf thailändischer Seite werden wir (der Fahrer begleitet mich – ohne Pass, aber mit Sonnenbrille) zu einem Container geschickt, dort bekomme ich von den Damen ein Formular in die Hand gedrückt. Damit bitte zu Schalter 4. Schalter 4 verweist uns erneut an den Bürocontainer, um eine Passkopie zu erstellen. Zurück bei Schalter 4 ist die Dame erst wenig begeistert von der Arbeit. Für eine Thailänderin eine durchaus stattliche Figur gilt es diese zu pflegen oder mit dem Ipad oder dem Iphone zu spielen. Des weiteren wäre da noch das Schoßhündchen, mit dem man spielen könnte – eine durch und durch ehrgeizige und voll ihrer Arbeit verpflichtete Beamtin. Sie zeigt aber Clevernes und fragt „in/ out“? Dann fallen alle zwei Stempel für Ein- und Ausreise direkt hintereinander. Das waren ca. vier Minuten Thailandaufenthalt.
Zurück wieder in Kambodscha am Einreiseschalter. Der Kambodschaner, der mich vorhin schon, „ausgecheckt“ hat, gibt mir ein Formular. Mit diesem in der Hand geht es an den Schalter für die Visa. Ein Visa kostet hier (korrekterweise) 20 €. Da Platz für ein Foto auf dem Formular ist wird auch nach diesem gefragt. Ich habe keines – es folgt eine klar erkennbare Pause zur Berechnung des Tagespreises aufgrund des persönlichen Budgetbedarfs für den Abend: 2 $.
Danach mit dem Visa im Pass zurück zum Schalter von vorher. Der selbe Typ, der mir vor 20 min. den Ausreisestempel gegeben hat bearbeitet jetzt meine Einreise. Er ist immer noch nicht ausgeschlafen. Hat aber verdammt viel Lametta an der Brust hängen.
Sein Kollege ist schon besser drauf, hat aber das Seminar für „gezielte und sinnvolle Fragen an Einreisende“, dass seine chinesische Kollegin besucht hat, wohl nicht besucht. Es folgen wirre Fragen und die Frage, was ich auf Khmer kann. Erst antworte ich „danke“ auf khmer. Dann droht die Situation kurzzeitig zu kippen. Auf die ca. zwei Minuten alte Frage nach meinen Khmerkenntnissen ergänze ich nach einer Denkpause „som ket loi“ (die Rechnung bitte). Während ein paar Jungs, die hinter mir auch warten, darüber lachen verändern sich die Gesichtsausdrücke hinter der Scheibe. Die Verbindung zur Frage meiner Sprachkenntnisse wird leider nicht hergestellt, sondern den Gesichtern nach eine als Frage nach „was muss ich denn hier noch zahlen“ aufgefasst. Ich schaffe es Ihnen dem Zusammenhang zu verdeutlichen, zumindest lachen zwei wieder. Bei dem Unausgeschlafenen hat es den Vorteil, dass er noch unausstehlicher wird und entsprechend schnell den Stempel in den Pass knallt.
Es geht zurück zum Gelände, auf dem eine Kirche und das Gästehaus untergebracht ist. Wir werden hier übernachten.
Abends ist Gottesdienst. Der Großteil der ca. 50 Gäste ist unter 20. In der Region hier sind fast alle der alten Generation ehemalige Rote Khmer. Dies war gerade zum Ende des Krieges bzw. des Bürgerkrieges hin deren „Hauptstadt“.
Wie ich später erfahre, war einer der alten Männer in der Kirche früher „Arzt“ bei den roten Khmer. Nur hat er nie eine Arztausbildung gehabt – die ca. 250 Amputationen von Beinen aufgrund von Minen hat er gemäß Lehrbuch durchgeführt.
Über die Zeit des Krieges spricht auch hier kaum jemand. Liegt auch sicher begründet in der Tatsache, dass das Durchschnittsalter im Land sehr jung ist. Als allerdings vor ein paar Jahren bei den jungen Leuten schwarze Mode „in“ wurde haben sich die alten Menschen gewehrt bzw. diese untersagt. In Zeiten der Roten Khmer mussten alle Menschen schwarz tragen.
Den Kindern ist nichts anzumerken. Sie sind meist glücklich. Die Zeremonie läuft ähnlich wie bei uns ab. Anders ist sicher, dass alle auf dem Boden sitzen, dass mal ein paar Kinder rausrennen oder die Blumen, die sie schon vor der Kirche in die Haare gesteckt haben, noch weiter bearbeiten. Beim Schlusslied läuft dann ein kleiner Junge schon mal früher raus und kitzelt dem Jungen in den Armen der Gottesmutterstatue an den Füßen. Ein Gecko stimmt für die letzten Takte noch laut schnatternd ein.
Ein junges Paar aus Mexiko ist auch da. Sie wohnen für ein Jahr hier, da beide schon immer mal ein Jahr woanders volontieren wollten. Jetzt sind sie in Pailin, samt kleinem Sohn und demnächst noch einem weiteren Kind.
Bereits mittags gab es schon frischen Kuchen. Francis, einer der Brüder eines mir nicht bekannten Ordens, hat diesen gebacken. Francis ist aus Ghana, seit über fünf Jahren in Kambodscha und hat eine Küchenausstattung, nach der sich manches kleines Hotel sehnt. So ist auch das Abendessen entsprechend köstlich.
Francis hat 12 lebende Geschwister, sie waren mal 19. Ich habe jetzt in diversen Ländern potentielle Ansprechpartner, denn seine Geschwister sind rund um die Welt verteilt.
Auch das Frühstück am Sonntag mit Butter und frischem Kaffee ist nennenswert – ist in der Kombination mit gutem Geschmack auf der Zunge länger her. Es geht zurück in Richtung Battambang. Aber zuerst statten wir noch dem Grundstück der Pfarrei mit 7 Hektar einen Besuch ab. Angebaut wird Maniok. Eine Wurzel, auch bekannt als Cassava oder Yuca, die man nachdem sie bearbeitet wurde in verschiedenen Ausprägungen verzehrt wird (nicht bearbeitet – z. Bsp. gekocht oder getrocknet ist sie giftig). Die meisten Felder hier sind alles Maniok. Das praktische ist, dass die überirdischen Triebe nach einer gewissen Pause wieder in die Erde gesteckt werden und neue Knollen treiben. Der Gewinn mit dem Anbau der Pflanzen ist sehr hoch.
Danach geht es noch zu einem idyllisch gelegenen Wasserfall. Der Pfarrer hat heute auch mal frei und so gibt es Picknick direkt neben dem Wasserfall. Einige Einheimische nutzen die ausgewaschenen Steine als natürliche Rutschen.
Wir bleiben eine gewisse Zeit dort und ich kann mich im Fotografieren von wunderbaren Schmetterlingen üben.
Montag, 17. – Sonntag, 23.03., Pursat/ MCNC, Phnom Penh & Pailin
Montagmorgen geht es mit dem Bus zurück nach Pursat.
Von dort ist es dann wie immer noch etwa 20 – 30 min. mit dem Motorradtaxi. Mir ist es mittlerweile zu dritt einfach zu eng auf diesen kleinen Motorrädern. Vor allem kommen die Fahrer mit dem hohen Gewicht nicht zu recht. Daher war dies die letzte Fahrt mit Motorrad zu dritt und mit Gepäck. Ab jetzt Tuk Tuk bzw. jeder ein eigenes Motorradtaxi.
Ich arbeite ein wenig an dem Entwurf für die Webseite und für die Broschüre. Langsam gedeihen die Dinge.
Dienstag gibt es eine Diskussion zu strategischen und allgemeinen Überlegungen für das Center und was mir so alles aufgefallen ist. Zudem legen wir die Arbeit für die verbleibenden vier Wochen fest:
· website
· brochure
· wall to sit in front of kindergarten
· set up solar panel/ water tank kindergarten
· photos for brochure and overall area
· Wifi search
· enviorenmental information to the children
· english lessons
Ich habe jetzt festgelegt und kommuniziert, dass ich am 11. April hier abreise und über Siem Reap in den Osten des Landes fahre, um noch den Dschungel zu erleben. Den Trip dort hin hat mir Francis, der Ghanaer nahegelegt. Danach geht es dann nach Saigon.
Teilweise vergesse ich schon wie anders hier alles ist. Daher hier mal wieder ein paar Eindrücke von dem alltäglichen Leben:
· Fließend Wasser gibt es, aufbereitet aus dem Wasser, das in den Wasserlöchern seit Ende der Regenzeit steht.
· Die Klohspülung ist eine Schöpfkelle aus einem Wasserbehälter, den man nach Bedarf auffüllen muss.
· Fisch und Hühnchen beim Essen klingen in westlichen Ohren anders als sie hier sind. Hier hat nicht jeder eine 500 gr. Dorade oder ein 400 Steak auf dem Teller. Das Hühnchen besteht aus Hühnchenteilen, die sich unter dem Gemüse verstecken. Es ist auch kein Hühnchenfleisch, das vom Knochen fein getrennt wurde. Der hiesige Metzger kennt wohl nur ein Hackbeil, das von oben nach unten durch das Huhn durchfällt – was dann in Einzelteile zerfällt wird verkauft.
Zwei, oder drei kleine oder mittlere Fische für alle. Der Fisch ist meist aus dem mittlerweile trocken fallenden Bach hinter dem Haus. Definitiv frisch. Entschuppen und Ausnehmen sind allerdings zwei Dinge, die nur Zeit kosten und zudem weniger zum Essen zur Folge haben (und wohl das Öl aus der Pfanne nicht in den Fisch eindringen lässt…). Also werden diese Arbeitsschritte gerne mal ausgelassen. Es gibt auch noch gesalzenen und getrockneten Fisch – dieser hat logischerweise nie einen Kühlschrank auch nur aus der Ferne gesehen. Ein Kilo frischer Fisch auf dem Markt kostet um 1,50 $.
· Frische Chilis gibt es zu fast jeder Mahlzeit frisch vom Busch, die Mangos werden auch langsam reif. Zudem ist man diese hier auch grün.
· Gekocht wird mit Feuer.
· Strom gibt es je nach Wetterlage bis 19 Uhr oder auch mal bis 23 Uhr. Abhängig davon, wie stark die Sonne schien und die Batterien mittels der Solarzellen aufgeladen hat. Die elektrische Leitung wird zur Zeit gerade parallel zur „Straße“ vor dem Haus aufgestellt.
· Geschlafen wird unter dem Moskitonetz, auch wenn die Mücken hier nur sehr vereinzelt vorhanden sind. Ich habe mich aber daran gewöhnt, abends nahezu keine Licht mehr an zu schalten – diese Entscheidung nehmen wir ohnehin des Öfteren die leeren Batterien der Solaranlage ab.
Am Donnerstagmorgen setzen wir uns wieder in den Bus und fahren nach Phnom Penh. Gleich nachmittags treffen wir uns mit einer der Webprogrammierfirmen, die ich durch Recherche gefunden habe.
Abgesehen von der durchaus einen guten Eindruck machenden Firma gab es noch eine, die uns bei meinem Anruf mitgeteilt hat, dass sie gerade „busy“ sind, da sie ein anderes Projekt (=eine Webseite erstellen) haben. Ich solle eine andere Firma anrufen. Eine weitere Firma ist nicht mehr existent und noch eine andere ist von einem Franzosen geführt, der zwischen Thailand und Kambodscha pendelt, da in beiden Ländern die Kunden sitzen. Auch aus Ermangelung von Alternativen und aufgrund des guten Eindrucks und Angebotes entscheiden wir uns für die Firma, deren zweier Vertreter uns gegenüber sitzen.
Freitagmorgens ein weiteres Treffen mit den Programmierern. Da deren Büro gerade neu gebaut wird (ob es solches überhaupt gibt?!) treffen wir uns in einem Café. Keines für Touristen, das wäre viel zu uncool. Die NGO’s und Halbkirchler treffen sich mit den lokalen Webdesignern in einem sozial engagierten Café, das von einheimischen Müttern geführt und betrieben wird. Wenn draußen nicht immer so viele SuV und große Jeeps vorbei fahren würden käme man gar nicht auf die Frage, ob in diesem Land alles in Ordnung ist. Die Jeepdichte ist nicht unerheblich hier. Normale Autos gibt es wenige. Klar, kann man bei den Straßen sagen. Aber muss es gleich immer die ganz große Variante sein?
Der Centerleiter und ich unterschreiben gemeinsam die Aufträge. Seitens der Firma der Marketing Manager (ca. Anfang 20). Zu den Unterlagen gibt es noch ungefragt eine Kopie des Personalausweises. Dies machen sie mittlerweile, da es wohl einige Betrugsfälle gegeben hat. Seitens des Centers gilt es 50% der Kosten direkt in cash zu bezahlen (die Webseite wird 400 € kosten – Outsourcing von Europa?). Nach allen Unterschriften erzählt uns der Mitarbeiter der Firma noch, dass er sich gewundert hätte, warum sein Bruder (der General Manager, der gestern mit dabei war), denn nicht mehr Geld verlangt hätte. Wir wären sehr angenehme Kunden, da wollte er nicht mehr verlangen, gab dieser als Antwort zu verstehen. Angenehm.
Mit der Sicherheit, dass dieses Projekt jetzt gut vorangeht, machen wir uns auf die Suche nach einer Wifi-Anlage für das Center. Dies entpuppt sich jedoch alles andere als leicht. Es wird einem munter alles angepriesen, Ahnung hat so richtig keiner und mit Englisch ist es auch oft schwierig. Wir finden dann eine Mitarbeiterin eines Geschäftes, die sich sehr engagiert. Ich telefoniere dann abwechselnd mit ihr mit dem Techniker. Telefonieren ist hier grundsätzlich eine Herausforderung, da die Gesprächsqualität meist schlecht bis sehr schlecht ist. Dies gilt auch für Handys.
Zum Mittagessen bin ich mit der lokalen Ansprechpartnerin von „internations.org“ verabredet, die mich bei meiner Suche nach Weiterfahrmöglichkeiten kontaktiert hatte. Ein sehr interessantes Treffen mit allerlei anregenden Eindrücken und Unterhaltungen. Selbst schon über fünf Jahre hier gibt es viel interessantes von hier und aus aller Welt zu berichten.
Dann steht noch der Besuch der „Autonomous Phnom Penh Port Authority“ auf dem Plan. Ich möchte schauen, ob die dort verwertbare Kontakte zu Schiffseigentümern haben, was eigentlich nahe liegt. Der Security Mensch meint zuerst „Tourist“ und will mich deswegen nicht reinlassen. Englischkenntnisse sind sehr gering. Ich erkläre ihm dann irgendwie, dass ich hier was erledigen muss…. Klappt. Dann sagt er mir noch „two“, „one“, „eight“ – ich bewege mich zu dem Raum. Vor dem besagten Zimmer fragt mich ein Angestellter was ich will – nach Saigon mit dem Frachtschiff! Etwas ungläubig schaut er drein. Während ich auf ihn warte, da er woanders etwas fragen muss, kommt eine junge Frau vorbei und bittet mich ins Zimmer – die Marketingmanagerin. Auch ihr erkläre ich was ich will. Sie bekommt eine Kopie der mitgebrachten Papiere und meint daraufhin sie würde mal ein paar bekannte Adressen anschreiben. Ich bin gespannt.
Auf der Suche nach deutschen Produkten (für die „Geburtstagsparty“) in verschiedenen Geschäften geht es kreuz und quer durch die Stadt. Es gibt nur Erdinger Weißbier und Schokoladenprodukte sowie Haribo. Um dem langweiligen Geschmack des stillen Wassers („dead water“), dass es logischerweise hier nur gibt, ein wenig aufzupeppen, nehme ich mir noch eine Flasche Sirup mit. Dank den Franzosen ist auch dieser hier erhältlich.
Man kann sich grundsätzlich problemlos durch die Stadt bewegen. Aufpassen ist allerdings angesagt, da sich zum Beispiel Diebstähle von fahrenden Tuk Tuk zunehmen. Und man muss immer schauen wo die Fahrer hinfahren. Auch wenn sie immer behaupten, dass sie wissen wo es hingeht bzw. es verstanden haben wohin es hingehen soll, so ist doch des Öfteren die ein oder andere Zielkorrektur notwendig. Und es muss immer um den Preis gefeilscht werden. Meist 50 – 100% zu viel zu Beginn. Die Fahrt kostet dann meist ein Dollar oder ein Dollar fünfzig. Und dann geht es los mit den Knattermaschinen. Auch gerne mal gegen die Einbahnstraße im Feierabendverkehr.
Der Verkehr läuft für unsere Augen recht bis teilweise völlig chaotisch ab. Und doch läuft alles gesittet ab. Wenn die Ampeln, die praktischerweise sehr oft eine Anzeige haben, wann die nächste Grünphase ist, auf selbige Farbe umschalten, dann geht es los. In alle Richtungen. Der Knäuel, der dann in der Mitte der Kreuzung entsteht, entwirrt sich Stück für Stück. So auf großen aber vor allem auf kleinen Kreuzungen, die keine Ampel haben. In der gesamten Zeit, die ich hier in Kambodscha unterwegs bin, habe ich genau einen Unfall gesehen.
Am Abend verlange ich nach Barbecue. Ich habe mal wieder Lust auf Fleisch, viel Fleisch. In Kambodscha gibt es typisches Barbecue, das mittels kleiner Gasbrenner bzw. –grills direkt am Tisch selbst zubereitet wird. Das hat schon eher etwas von angemessenem Fleischkonsum. Auch wenn die Portionen immer noch eher klein sind.
Sonntagmorgen geht es zurück. Abstrus ist das Sammeln von Spenden an der Busstation durch buddhistische Mönche. Die haben einen Einsammler dabei, der zu den Leuten geht und mit einem Fingerhinweis auf den ein paar Meter entfernten Mönch um Spenden bittet. Überraschenderweise geben viele Leute etwas. Und das auch noch, als der fünfte Mönch samt Einsammler vorbei kommt. Einige übernehmen aber den Job des Spendensammelns noch selbst.
Es ist zum ersten Mal, dass ich so etwas in Asien sehe. Die Mönche passen sich wohl den offiziellen Gepflogenheiten im Umgang mit Geld an…
Apropos Geld ist zu sagen, dass dieses Land permanent in zwei Währungen denkt und agiert. Es gibt die heimische Währung „Riel“ und den US Dollar. Jeder hat den einfachen Umrechnungskurs (4.000 Riel = 1 USD) im Kopf und so kommt es nicht selten vor, dass man in Dollar zahlt und das Rückgeld eine Mischung aus Riel und Dollar ist oder in einer anderen Kombination.
Montag, 24. – Sonntag, 30.03., Pursat/ MCNC
Die Woche beginnt mit ein paar Arbeiten für die Webseite. Dann geht es nach draußen. Vor der Schule ist eine zweistufige, betonierte Sitzbank, ca. 15 m lang, die brüchig ist. Diese soll neu gebaut werden. Aus Naturstein und auf einem soliden Fundament. So machen wir uns an die Arbeit. Was fehlt ist ein guter deutscher Vorschlaghammer – es gibt leider nur die kleine Version davon. Geht auch, dauert länger und ist kräftezehrender.
Die „Netto-Arbeitszeit“ hier ist ca. von 8 – 11 Uhr und von 13 – 17 Uhr. Dazu kommen aber noch andere Arbeiten wie gießen, kochen, abwaschen und weitere Tätigkeiten. Es ist heute ein wenig windig, was das Arbeiten und das allgemeine Bewegen sehr angenehm macht.
Abends sitze ich wie allabendlich in meinem Zimmer und arbeite für mich. Das Licht ist aufgrund der Mücken aus, der Bildschirm oder der kindle geben genügend Helligkeit. Aber auch diese kleinen Lichtquellen ziehen mal das ein oder andere Getier an. Es kommt schon mal vor, dass ich dann den Cursor mit einer Art von Mücke verwechsle. Es ist sehr ruhig hier draußen. Vielleicht mal das Gebimmel einer der Glocken der Wasserbüffel oder Rinder oder ein Generator, der für die Wasserpumpen arbeitet oder das Gekläffe der Hunde. Sonst nur das Gezirpe der Grillen, Stille und ein grandioser Nachthimmel.
Dienstag – weiter geht es mit Hammer schwingen. Gegen 9 Uhr habe ich somit direkt wieder geduscht. Ein Franzose, der Spezialist für Solaranlagen und allerlei technische Dinge ist, kommt vorbei und parallel starten wir die Arbeiten für den Aufbau weiterer Solarzellenelemente. Zusätzlich muss eine weitere Solaranlage umgezogen werden. Bei über 40° C prüfe ich mit dem Franzosen im Dachboden der Schule die Anschlüsse. Dusche Nr. 3 für heute.
Zwischenzeitlich kommt noch zweimal ein Lkw vorbei – das eine Mal werden die Steine abgeladen, das andere Mal Sand und Zement. Eigenartige Gestalten, die da arbeiten. Könnten wunderbar in einem Gangsterfilm mitspielen und die Rolle der Helfer des Helfers vom Clanchef übernehmen. Keiner grüßt (ist hier allerdings eher nicht usus), keiner spricht ein Wort, sie streichen über die Anlage, dann werfen sie sich die 50 kg Zementsäcke auf den Rücken und laden den kleinen Lkw ab.
Bemerkenswert sind heute noch ein paar Tropfen Regen, ungefähr 15 Stück pro Quadratmeter. Der Regen wird sehnlichst erwartet. Selbst die großen Palmen lassen bereits die unteren Wedel hängen.
Die Hitze lässt ein dauerhaftes Arbeiten nur schwer zu. Immer wieder werden mal Pausen eingelegt. Ob es zu viele oder zu wenige sind kann man abschließend nicht klären. Es ist sicherlich ein anderes Arbeitsverständnis, aber man darf nicht die Hitze vergessen und die 4 USD (pro Tag), die einer der Aushilfen bekommt, die neu dazu gekommen ist.
So gibt es dann in einer der vielen Pausen frisch geerntete Mango. Allerdings noch grün – zusammen mit Pfeffer, Salz und einem weiteren Gewürz. In einer anderen Pause nehme ich eine Einführung im Flip Flop Spiel an, als einige Kinder gerade spielen: Eine kleine Mangofrucht oder ein Stein wird in ein kleines Feld gelegt. Die Halterung der Flip Flop für die Füsse werden nach unten geklappt. Ziel ist es die Mango hinter die Ziellinie mit dem Flip Flop zu kicken ohne das der Flip Flop über die Ziellinie rutscht.
Der Franzose und ich basteln dann noch weiter an der einen Solaranlage herum. Der ein oder andere Mitarbeiter taucht noch mal auf, da es aber schon 17 Uhr ist, ist die Arbeitsbereitschaft eher gering. Das erste Solarpanel mit neuen Batterien ist auf jeden Fall in Gang gebracht. Der Rest dann morgen – wohlwissend, dass gestern heute schon morgen war. Ist hier aber nicht so wirklich schlimm.
Es macht Spaß mit dem Franzosen zusammenzuarbeiten. Er hat ganze Lobeshymnen über die frühere Zusammenarbeit mit deutschen Ingenieuren von sich gelassen. Bei der Arbeit hier merkt man was fundiertes know how ist. Gelernt ist gelernt. Die Improvisationsfähigkeit der Leute hier vor Ort ist dennoch nicht zu verachten. Denn aus wenig oder nichts wird irgendwie etwas gemacht. Es dauert eben nur länger und man macht es dann auch gerne mal jeden Tag neu, nur ein bisschen anders. Und es klappt immer wieder von neuem. Das bringt immer neue Freude.
Mittwoch – Freitag
Was hier natürlich fehlt ist der Betonmischer. Und 10°C weniger Wärme. Interessant auch hier die unterschiedlichen Arbeitscharaktere. „Selbstoptimierer“ gibt es unabhängig des Landes überall, aber auch fleißige und lernbereite. Und die Selbstoptimierer haben am Essenstisch natürlich auch am Meisten zu erzählen.
Beim Wegräumen der Steine habe ich heute die gehäutete Haut einer kleinen Kobra gesehen.
Mittlerweile habe ich mit der Port Authority in Phnom Penh regen email Kontakt. Amüsant ist, dass die gesamte Belegschaft, zumindest die, mit denen ich bisher Kontakt hatte, mit allerlei verschiedenen Adressen arbeitet. Die „cc-Zeile“ sieht dann so aus. …@online.com.kh>, <…@yahoo.com>, „…@hotmail.com„, <…@hotmail.com>,…@gmail.com. Wir sprechen hier immerhin von einer Behörde, die dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. Ich soll mein Anliegen noch mal detailliert in einer email darlegen. Nun warte ich gespannt.
Samstag. Für die locals ist der Geburtstag nicht so wichtig. Einer hatte neulich auch Geburtstag, bei dem Datum war man sich aber nicht so sicher. Bei einem anderen Mitarbeiter ist das Alter nicht so ganz sicher.
Nach dem Mittagessen fahre ich in die Stadt. Ein wenig Korrespondenz, ein paar Kleinigkeiten erledigen und Bier kaufen. Der Kauf der Palette Dosenbier Angkor (24 Stück) sorgt für zahlreiche Blicke. So viel kauft kaum jemand auf einmal. Zum Abendessen gratulieren dann auch einige weitere. Es gibt gutes Essen – ein wohl genährtes Huhn mit viel Fleisch und die Koreanerin hat koreanisches Essen gekocht.
Ein paar der Mitarbeiter bleiben sitzen und es gibt ein kleines Trinkspielchen. Einen Schluck Bier (nicht wie bei uns das ganze Glas) muss man trinken, wenn das gedrehte Messer auf dem unebenen Tisch bei einem stehen bleibt. Und sie haben einen Höllen Spaß dabei.
Irgendwann ist auch die letzte Büchse leer. Die Lehrerin und ich werden von zwei der Angestellten mit dem Fahrrad zu einer nahegelegenen Hochzeit gebracht. Selbst hat es mit dem alten Fahrrad nicht mehr geklappt. Erst recht nicht zu zweit. Stockdunkel geht es somit über die „Straße“ ca. 2 km in Richtung Hauptstraße. Im “Vorgarten” bzw. dem Sandfeld vor dem Haus einer Familie ist ein Zelt aufgebaut. Ein paar Tische sind noch übrig, an denen meist ältere Männer sitzen und noch essen und trinken. Der Rest, fast alles junge Gäste, viele unter 20, tanzen um einen Tisch mit Plastikblumen. Darüber hängt ein Ventilator, der mir fast noch die letzten Haare wegfrisiert hätte. Obwohl er in sicherer Höhe hängt, für die Einheimischen eben.
Es wird getanzt – teils traditionelle Musik, teils moderner Hip Hop. Einige der Kinder aus der älteren Kindergartenklasse bzw. die, die nachmittags von der höheren Schule noch mal für eine Ergänzungsklasse vorbeikommen sind auch da und grinsen freudig.
Ich bekomme eine Schnelleinführung in kambodschanisches Tanzen – die Hände werden dabei in alle Himmelsrichtungen gedreht. So viel ich weiß angelehnt an die traditionellen Apsara Tänze. Der ein oder andere meint gleich den Fortgeschrittenen Kurs mit mir machen zu müssen, ich lehne aber dankend ab. Ich glaube ich sehe jetzt wie einer der Menschen aus, die in diese Musikvideos gestolpert sind…
Ich werde an einen der Tische mit den Männern gebeten. Ich bekomme ein Bier gereicht. Ich nehme höflich ein Schluck und werde dann kurzfristig an einen der Gedanken erinnert, die ich diese Woche beim Sandschippen hatte: „Ich muss dringend Bier exen üben, wer weiß wann ich es wieder gebrauchten kann.“ Jetzt! Die Tischumsitzenden schauen mich an und einer zeigt auf sein leeres Glas. Also runter damit. Das machen sie dann noch des öfteren mit mir. Auch mit „Black Panther” – irgendein Starkbiergesöff.
Ein dezentes Auftreten geht hier bei der Körpergröße nicht. Und so reihe ich mich immer wieder zum Tanzen ein und bücke mich bei der Neonröhre. Ein paar Polizisten sind auch da. Sie passen auf alles auf. Einer mit Maschinenpistole. Was wohl die erste Eskalationsstufe ist?
Kaum einer der Gäste trinkt oder isst noch etwas. Auffällig ist zudem noch, dass die ein oder andere, sicher noch Minderjährige, derart geschminkt ist, dass der Schminkschrank den von Winterhuder Wohnungen sicherlich Konkurrenz macht. Zu dieser Vorstellung muss man jetzt die Häuser ergänzen, aus denen die Gäste größtenteils kommen (es gibt auch die ersten gemauerten Häuser im Dorf). Fast alle sind in Flip Flops da, einige in der Plüschvariante. Wenn man sich den staubigen Sand- bzw. Erdboden vor Augen führt ist dies umso weniger passend für unsere Vorstellung einer Hochzeit.
Gegen Mitternacht gehen dann die Meisten. Einer der Familienväter eines der Kindergartenkinder kommt noch zu uns und lässt durch die Lehrerin übersetzen, dass er und auch alle anderen ganz begeistert sind, dass ich dagewesen bin und mitgetanzt habe.
Über den staubigen Weg geht es nach Hause und mit uns viele andere. Stück für Stück verschwinden sie auf ihren Flip Flops, Lederschuhen oder der Plüsch Flip Flop Variante in der Dunkelheit.
Das alte und nicht immer willige Türschloss endlich geöffnet und wieder verschlossen hüpft etwas im Gang umher. Mit dem Schuhen eingefangen wird der fette Frosch noch vor die Türe zu gesetzt. Das war der Tag.
Ohne in Reisewehwechen tiefer einsteigen zu wollen hatte der Sand entweder Flöhe als Bewohner und Mitpartygäste oder er war auf irgendeine Art und Weise aggressiv. Es war ein paar Tage deutlich an den Füssen zu sehen und zu spüren.
Sonntag wird gearbeitet wie an anderen Tagen auch. Noch ein wenig schwerer in der Hitze heute als sonst. Dies liegt sicher an höherer Luftfeuchtigkeit. Die Mitarbeiter haben meist irgendeinen Tag ihrer Wahl pro Woche frei. Somit gibt es keinen richtigen Sonntag. Es ist unerträglich heiß heute.
Nachmittags geht es wieder in die Stadt. Dort höre ich dann immer mal wieder Barang. Barang ist der Begriff für westliche Ausländer. Das ist dann meistens auch das Wort, dass die Motorradtaxifahrer sagen, wenn man auf das Motorradtaxi steigt. Oder wenn Menschen an einem vorbeifahren. Es gibt auch Barang-Preise. Barang heißt eigentlich Franzose auf Khmer.
Montag, 31.03 – Sonntag, 06.04., Pursat/ MCNC
Montagmorgen. Nach dem Abbau des alten Gestells für die Solaranlage kümmere ich mich um die Vorbereitung für Mittwochmorgen. Für die Kleinen im Kindergarten wollen wir etwas in Bezug auf Umweltschutz vorstellen bzw. mit ihnen erarbeiten.
Nachmittags geht es wieder in die Stadt. Meine Datenkarte funktioniert nicht mehr. Es folgt eine Diskussion zu meinen verschwundenen Datenpaketen sowie der Anwendung, die gar nicht auf meinem Mac laufen kann (steht doch auf dem Verkaufspaket) und so weiter. Dabei gilt es immer schön asiatisch freundlich zu bleiben, damit das Gegenüber sein Gesicht nicht verliert. Beide Seiten üben sich prächtig darin. Ich hätte gerne gehört, was die Dame nach meinem Weggang von sich gelassen hat.
Für 17:30 Uhr ist dann mein „Heimfahrtaxi“ bestellt. Es ist aber leider um 17:50 Uhr immer noch nicht da. Wahrscheinlich auf einer der Hochzeiten hängengeblieben. Das Leben in der Stadt fährt sich gerade runter, viele Geschäfte schließen, die Sonne geht auch langsam unter. Ich laufe zum ein paar Minuten Fußweg entfernten Markt. Die dortigen Motorradtaxifahrer können aber gar kein Englisch und umstehende haben auch keine entsprechenden Kenntnisse oder Lust. Da es langsam dunkel wird bewege ich mich zur Hauptstraße vor, in der Hoffnung, dass mich dort jemand nach Hause fährt. Unterwegs wie so oft winkende Kinder, die auch mal ein „hello Sir“ oder nur „hello“ hinter herrufen und immer wieder grinsende oder staunende Gesichter von vorbeifahrenden Autos oder Motorrädern.
An der Hauptstraße angekommen treffe ich auf eine Gruppe Motorradtaxifahrer. Englisch sprechen ist Fehlanzeige, lesen erst recht. Ich deute mit der Hand die Himmmelsrichtung und ergänze diese mit „two dollar“. Irgendwie kann ich einem erklären, dass ich den Weg weiß und die anderen ermutigen ihn, er solle mich doch fahren. Los geht es. Unterwegs hat er irgendwann keine Lust mehr, ich kann ihn aber von der Weiterfahrt überzeugen. Wenig hilfreich ist dabei der dunkle Himmel, der auf Regen schließen läßt, am Horizont, in dessen Richtung wir fahren. Auch der Halt an einem „Kiosk“ bringt uns nicht wirklich weiter – „no anglais“. Als wir die Abbiegung erreichen ist er schon ein wenig entspannter. Dann das Tor. So als ob es schon immer klar gewesen wäre, dass wir genau hier her wollen grinst er über beide Ohren, liest den Namen des Schildes und gibt mir noch einen kurzen Sprachkurs in der richtigen Aussprache des Ortes. Er bekommt seine zwei Dollar, bedankt sich mit gefalteten Händen und ergänzt noch ein „sook sabai“ für „alles in Ordnung/ geht es Ihnen gut“. Kaum wieder zu erkennen, der Gute.
Im Center sind alle schon ein wenig aufgeregt, wo ich denn bleibe. Mein Handy ist aus, da ich keine 5 € etwas pro Minute für einen Anruf zahlen möchte.
Dienstag und Mittwoch passiert nichts besonderes – alle basteln an der Sitzmauer weiter oder an der Solaranlage. Meist fehlt etwas, irgendeiner ist nicht da, weil eine Hochzeit ist und sonst eine Festivität oder irgendwas muss erst wieder repariert werden.
Am frühen Morgen habe ich noch die Kleinen aus dem Kindergarten bei ihrem morgendlichen Spaziergang begleitet. Sie laufen immer ein größeres Stück die Straße in Richtung Grundschule. Unterwegs wird geschaut, ob etwas besonderes zu sichten ist und es Müll wird eingesammelt.
Wetter: An beiden Tagen 39°C, Luftfeuchtigkeit bei 45%, teils bewölkt, wie sonst meist auch
Donnerstag: Zusammen mit dem Franzosen arbeite ich weiter an der Befestigung der Solaranlage. Die kambodschanisch-französisch-deutsche Befestigungsvariante würde der deutsche TÜV sicherlich nicht annehmen, aber sie hält. Zwischendurch bekomme ich dann noch die Frucht einer Palme vorbeigebracht, deren milchiges Inneres ich essen kann bzw. soll.
Während ich mit dem Motorradtaxi vom Gelände rolle steht eine ältere Frau am Weg und meint „I go Hospital“. Der Gedanke “was ich damit zu tun habe“ ist noch nicht zu Ende gibt sie mir zu verstehen, dass sie mitfährt. Den Dreitagesrucksack somit an die rechte Seite gepackt klemmt sie sich hinter mich. Ich weiß nicht wie sie es auf den verbleibenden kleinem Stückchen Sitz saß. Für ihre definitiv über 50 Jahre hat sie es bemerkenswert gut geschafft die Füße oberhalb des Asphalts zu balancieren. Ich fahre nach Phnom Penh mit dem Bus.
Freitag: Mal wieder „PP“ wie es die ganz entspannten backpacker und EAW’s zu sagen pflegen.
Ein Treffen mit einem der Chefs der Phnom Penh Autonomous Port Authority steht an. Mit ausgedrucktem Lebenslauf, dem Befähigungsnachweis See, dem medizinischen Seetauglichkeitsnachweis und dem polizeilichen Führungszeugnis (liest sich in Englisch noch besser: „German Federal Court of Justice“) und in den besten und saubersten Klamotten, die ich besitze, laufe ich in das kleine aber schön eingerichtete Büro. Wie überall, wo es besser ist, auch hier schwere Holzmöbel.
Er weiß schon Bescheid, erinnert sich an meine Email, die ich gemäß Mitarbeiter mit dem Anliegen an ihn richten sollte und sucht ohne viel Worte in seinem IPhone den Chef einer der Schifffahrtsunternehmen. Der weiß auch schon Bescheid und nach Datumsabgleich und u. a. dem Wort „honorable“ in dem Teils in Khmer, teils in Englisch geführten Telefonat, ist die Fahrt von Phnom Penh nach Saigon auf dem Mekong gebongt. Zufrieden wird der Rest des Tages mit Internetarbeiten, Telefonaten mit Logistikfirmen und NGO’s und gutem Kaffee sowie Croissants in einem französischem Café verbracht.
Am späten Nachmittag dann noch ein Treffen mit der Internetagentur. Gemeinsam stellen wir in mehrstündiger Arbeit die Webseite (www.mcnc.center) und Facebook Seite (www.facebook.com/mcnc.center) fertig. Ein wenig Arbeit zur Fertigstellung bleibt noch für mich übrig.
All das bunte und wuselige Leben in der Stadt zu beschreiben würde Seiten füllen. Ein paar „Highlights“ heute: Zwei Männer auf einem Motorrad und mit ihnen mindestens 40 lebende Hühner, die kopfüber nach unten zusammengebunden an beiden Seiten herunterhängend den letzten frischen Fahrtwind genießen. Oder einer der Minibusse, der den durch die teilweise Öffnung des Kofferraums neu entstanden Platz durch Säcke und Gepäck auffüllt, Fahrgäste darauf packt und dann noch zwei Motorräder an die Seite geschnallt.
Durchweg freundlich und meist hilfsbereit sind die Menschen. Und als ein Freund der zügigen Fortbewegung mit motorisierten Fahrzeugen muss ich festzustellen, dass die meist eher geringe Geschwindigkeit in der Stadt ein sicheres Bewegen durch den Verkehr leicht ermöglicht. Noch unterstützt durch eine defensive Fahrweise.
Am Samstag geht es in aller Herrgottsfrühe in einem mit Sitzreihen ausgestatteten Kühlschrank an die Grenze nach Vietnam. Eine weitere Visaverlängerung ist notwendig und so nahe wie jetzt bin ich so schnell nicht mehr an der Grenze. Vor dem Mekong dann eine endlose Auto-, Bus- und Lkw-Schlange. Durch ein kleines Dörfchen und eine ebenso kleine Straße schiebt sich der Verkehr, der zwei Metropolen Südostasiens verbindet. Allerlei Staatsdiener und Fährdienstmitarbeiter versuchen hier teilweise durch Einbahnregelung den Verkehrsfluss zu erhöhen. Der Oberverkerkehrsregler hat sogar ein Mikro in der Hand, mit dem er lautstark Anweisungen an Fahrzeuge verteilt.
Während der Bus wartet schieben sich zahlreiche Minibusse an uns entgegenkommend vorbei. Meist dutzende Jahre alt, teilweise ganz schön heruntergekommen sind sie mit Menschen voll gepackt. Und des Öfteren fühle ich mich wie im Zoo, hinter der Scheibe. Denn in den Kleinbussen zeigen meist ältere Leute den kleinen Kindern das bisher selten oder nicht gesehene Wesen des „barang“ hinter der Scheibe. Diese schauen dann ganz erstaunt und erwidern meist das Lächeln hinter der Scheibe.
Eine kleinere Verkehrsinfrastrukturmassnahme wäre hier durchaus angebracht. Ein paar Kilometer vorher konnte man auch schon die Pfeiler für eine gigantische Brücke sehen. Aber das dauert noch.
Die Fähre ist erreicht. Vishnu ihr Name, der Hindugott, der als „Erhalter“ verehrt wird. „Vishnu“ ist eine Spende der dänischen Regierung von 1997. Somit alles safe.
Nach der unproblematischen Ausreise aus Kambodscha verlasse ich die kleine Busgesellschaft. Die Umsitzenden winken noch zum Abschied. Dann das ganze Procedere wieder – Ausreise in Vietnam, gelangweilte Beamten, ABM-Maßnahme durch Prüfung des 15 Sekunden alten Stempels und Verkäufer von Pseudoausreisestempeln. Gleiches bei der Einreise, inklusive zwei Euro für das fehlende Passbild. Der Beamte war jung und hatte noch keine Erfahrung mit „Sondergebühren“. Daher habe ich die zwei Dollar direkt vorgeschlagen, um höhere Summen zu vermeiden. Er hat mit einem verstohlenen Blick zugestimmt.
Nach 15 Minuten Vietnam wieder zurück in Kambodscha steht praktischerweise auch ein Bus an der Grenze, dessen Fahrgäste gerade abgefertigt werden. Da ich keine Rückfahrt gebucht habe versuche ich hier mein Glück. Der Bus ist voll, aber ich kann den Fahrer davon überzeugen, dass ich auch vorne auf dem kleinen Sitz in der Türe sitzen kann. Da dieser schon durch den „Busjungen“ besetzt ist bekomme ich ein kleines Campingstühlchen in den Gang gestellt. Es gibt Foren und Gespräche, in denen sich Touristen über Busgesellschaften, die die Gänge mit weiteren Gästen auffüllen, beschweren…
Sonntag geht es nach einem guten französischen Frühstück mittags zurück. Die letzten Tage hier draußen brechen an. Mit dem Leiter des Centers gehe ich kurz durch, was alles noch zu erledigen ist, bevor ich fahre.
Montag, 07.04 – Sonntag, 14.04., Pursat/ MCNC & Siem Reap
Den Morgen verbringe ich mit Anpassungen der Internetseite und mit einer längeren Diskussion über meine Eindrücke der Anlage, der Art und Weise, wie diese gemanagt wird und welche Aufgaben meiner Ansicht nach als wichtigstes anstehen. All dies füllt den Tag. Mit der Lehrerin bespreche ich noch die kleine Veranstaltung zum Thema Umweltschutz, die morgen dann endlich stattfinden wird.
Dienstagmorgen begleite ich die Kindergartenkinder wieder auf ihrem morgendlichen Weg der Erkundigung des Weges und des täglichen Müllsammelns. Dann ruhen sie ein bisschen, bereiten ein paar Sachen vor und gegen 8:30 Uhr gibt es etwas zu essen. Es folgen ein paar erzieherische Musikvideos auf Khmer, in denen lokale Jugendgruppen Lieder zum Umweltschutz singen. Dann zeigt die Lehrerin den kleinen Vortrag über Umweltschutzmaßnahmen in Deutschland, um den Kindern zu zeigen, was an anderen Orten gemacht wird. Dazwischen ein paar Spiele, damit es nicht zu langweilig wird. Und die Kinder malen was sie zum Thema Umweltschutz beitragen können oder ihnen einfällt. Es kommen ein paar schöne Malereien dabei raus – von Bäumen, die ein grinsendes Gesicht haben über Fische, die wieder im Fluss sind zu müllfreien Gärten, die sich die Kinder wünschen.
Dann gibt es noch ein frühes Mittagessen für alle und da es der letzte Tag vor den „Khmer New Year“ Ferien ist auch noch einen Schluck Cola für alle. Nach dem Essen putzen sich dann die meisten die Zähne. Vielleicht mit einer der Zahnbürsten, die ich mittlerweile auch aus den Gästehäusern mitnehme.
Ein paar Dinge im Rückblick:
Am Freitag, den 21.3. war in der „The Cambodian Daily“ ein Bericht über die Anklage des Ministerpräsidenten vor dem internationalen Gerichtshof, u. a. wegen Verschleppung der Aufklärung der Verbrechen der Roten Khmer und weiterer Punkte.
Irgendwie passend dazu ist die Erfahrung, die ich mit einem Polizisten und einem Militärangehörigen gemacht habe. Beide, im Vergleich zu allen anderen, haben bewusst den Augenkontakt vermieden, in bemerkenswert auffälliger Art und Weise.
Ein update zum Essen erübrigt sich fast. Es gibt immer das Gleiche: Gemüse, Reis, anderes Gemüse und dazu kleine Fische und Hühnchenpartikel. Neu ist für den europäischen Geschmack grüne Mango in Essig mit Chili. Schmeckt sehr gut. Zu allem nehme ich reichlich Soja-Sauce, um ein wenig mehr Geschmack in die Sache zu bringen. Gegessen wird übrigens mit Löffel und Gabel, wie auch eigentlich in allen „Restaurants“. Dabei dient der Löffel als Messerersatz und teilt zu große Stücke.
Interessant ist auch, dass die Lehrerin bei ihrem Deutschlandaufenthalt sich auch sehr lange erst an das Essen gewöhnen musste. Vor allem an das viele Salz. Selbiges wird hier kaum verwendet.
Auf den Fahrten sind nach wie vor überall Hochzeiten zu sehen. Erkennbar an den Zelten, die auf den Straßen aufgebaut sind. Und deutlich hörbar, denn Laustärke ist sehr wichtig. Die Bewohner werden in einigen Jahren alle an Gehörproblemen leiden. So kann ich vom Center aus auch immer wieder die ein oder andere aus der Ferne mit verfolgen. Der eine DJ war wirklich gut.
Die Festivitäten dauern meist um die drei Tage. Es geht an einem der Tage schon sehr früh los. Dann kommen die Gäste. Es scheint ein wenig auf’s Essen anzukommen.
Was bei der Hochzeit, der ich beiwohnen durfte, zum Ausdruck kam, ist die Selbstsicherheit einer jungen Generation und die Gewissheit auf eine spannende Zukunft. Dies wird überall deutlich, weil zu spüren ist, wie viel sich bewegt. Und wenn man die Arbeitskämpfe der insbesondere jungen Arbeiter, vorrangig Arbeiterinnen in den hunderten Fabriken mitverfolgt und die sich anschließende politische Kritik, so wird es hier sicherlich noch sehr bewegt zugehen in den nächsten Jahren.
Das Durchschnittsalter beträgt 20,6 Jahre (157. Stelle; im Vergleich Deutschland: 42,60 Jahre, an 3. Stelle von 221 Ländern; 221. Stelle: Uganda, 15 Jahre; Quelle:www.welt-in-zahlen.de). Zudem öffnen voraussichtlich in 2015 die 10 ASEAN-Staaten ihre Grenzen ähnlich wie die EU.
Nachmittags fahre ich in die Stadt. Wie immer mit dem Motorradtaxi. Der Franzose hat mich eingeladen, einen Abend in Pursat zu verbringen, um mal ein wenig Abwechslung zu haben. Eigentlich schon vor Wochen, aber da die Zeit schnell vorbei gegangen ist möchte ich dies noch in der letzten Woche durchführen.
Ein mit ihm befreundetes Pärchen aus Singapur weilt auch gerade zu Besuch in Pursat. Wir gehen Pizza essen. Schön ist die Geschichte, warum es jetzt in Pursat Pizza gibt. Zwei neuseeländische Volontäre haben einer lokalen Angestellten gezeigt, wie man Brot backt und wie man Pizza macht. Jetzt gibt es deshalb wirklich gute Pizza in Pursat. Und die ein oder anderen Einheimischen und die paar sehr wenigen Ausländer schauen hier vorbei.
Mittwochmorgen stelle ich noch ein paar Dokumente fertig und erkunde noch mal den hinteren Teil der Anlage. Die ganze Anlage ist immerhin acht Hektar groß. Der hintere Teil derzeit nahezu komplett ungenutzt. Da könnte man einiges draus machen.
Nach dem Mittagessen fahren die Lehrerin und ich zum nächstgelegenen Hafen am Tonle Sap. Eine gute halbe Stunde Motorradtaxi. Der „Hafen“ verändert je nach Wasserstand seine Lage. Gleiches gilt für die Häuser, die auf den letzten Metern zur jetzigen Wasserkante stehen. Alle meist nur wenige Quadratmeter Grundfläche werden diese je nach Wasserstand „umgezogen“.
Eigentlich möchte ich mit Hilfe der Lehrerin einem Tipp nachgehen. Hier sollen Fischerboote nach Siem Reap fahren. Leider fährt hier kein einziges Boot in die gewünschet Richtung. Nicht die erste Falschinformation aus bestimmten Kreisen. Nun gut. Da gerade ein Fischerboot vollbeladen mit Welsen anlegt geben wir dieser recht teuren Fahrt noch einen Sinn und kaufen frischen Fisch. 2,5 kg für 2,50 USD. Heim geht es.
Abends ist mal wieder Besuch von Missionarinnen da. Es gibt den gekauften Fisch, der fast an gewöhnte Geschmacksrichtung kommt.
Während ich dies hier schreibe ist es mal wieder brüllend heiß und kein Lüftchen bewegt sich. Es sollen um 20:30 Uhr 29° C und 62% Luftfeuchtigkeit sein – ich schätze hier drin noch ein paar Grad mehr.
Freitag ist der letzte Tag. Alle anwesenden Mitarbeiter und die koreanische Volontärin kommen zum Tuk Tuk und winken. Der Leiter fährt mit in die Stadt, da er ein Meeting hat. Ein wenig traurig bin ich schon. Die Mischung zwischen Arbeit und Urlaub auf dem Lande tat gut und war sehr interessant und lehrreich.
In Pursat stehen drei Busse in die richtige Richtung und keiner will mich mitnehmen. Irgendwann ziehe ich dann die lokale Angestellte der Busgesellschaft hinzu, die zu meinem Nachteil und ihrem Vorteil kaum Englisch spricht. Der Bus, der eigentlich gar nicht nach Battambang fährt, fährt plötzlich doch. In Battambang lassen mich der Fahrer nicht wie sonst immer, auch andere Fahrgäste, vorher raus.
Nach der Abregung geht es mit einem ehrlichen Tuk Tuk Fahrer zur Präfektur. Ein Treffen mit dem zuständigen Pfarrer für die hiesige Pfarrei. Während er noch Nickerchen macht kann ich mir genüsslich das übrig gelassene Essen (alle anderen haben schon gegessen) in Form von drei Portionen einverleiben. Nach einer angenehmen Unterhaltung und herzlichen Verabschiedung muss er weg. Ich warte bis mich eigentlich eine der Angestellten informiert, dass ein Sammeltaxi verfügbar ist. Das passiert natürlich nicht. Nach Nachfrage ändert sich die Informationssituation minütlich. Dann steht fest ich muss in die Stadt fahren. Mit dem Motorrad bringt mich derjenige, der auch schon beim bamboo train dabei war, zum „Taxistand“. Dort warten nicht mehr ganz autohausneue Autos, teilweise mit Insassen, auf weitere. Schon bei der Vorbeifahrt ziehen einem die Fahrer fast vom Motorrad.
Wir halten bei einem alten Camry an. Mein Bringdienst lässt sich mehrfach versichern, dass es auch nach Siem Reap geht. Der Fahrer hat sogar eine Visitenkarte. Der soll es sein. Das Auto ist logischerweise schon voll. Die vier Leute quetschen sich auf die Rückbank, samt zweier Rucksäcke und meinem Tramperrucksack. Da ich für zwei Plätze zahle darf ich vorne alleine sitzen.
Als ob der Fahrer spürt, dass es sechs Wochen aufzuholen gilt, gibt er Gas. Auf der eigentlichen Spur eine durchgehende Schlange, wir auf der Gegenspur. Nichts und keiner überholt uns. Wir überholen alles und jeden. Da eine der Insassen nicht beim Grundkurs „Beifahrer endloses Autorennen“ dabei war muss zügig eine leere Tüte im Auto gesucht werden. Bis zur Ankunft, immerhin drei Stunden, überholt uns genau ein Auto.
Zu Khmer New Year ist alles auf den Beinen und alles was Räder hat wird bis in den letzten Winkel vollgepackt. Wenn der Kofferraum voll ist wird der Rest oben drauf geschnallt. Wenn die Ladefläche nur 1,5 m breit ist wird angebaut. Nach oben, auch für die Gewichtsgrenze, gibt es keine Beschränkung. Und was sonst noch so auffällt:
· Der Umgang mit Schweinen ist schweinisch. Diese werden in Gitterkäfige gepfercht durch die Gegend gefahren.
· Kinder lernen aufrechte Körperhaltung auch teilweise auf dem Motorrad. Einige stehen dort hinter dem Lenker bevor sie laufen können.
· Wer größer ist sitzt mit 15 anderen auf dem pick up oder steht auf der LKW Ladefläche bzw. hinter dem Fahrerhaus und lässt sich den Wind durch die Haare pusten.
· Und dass sich Büffel in der Dunkelheit auf der Straße wenigstens in Fahrtrichtung bewegen löst nicht das Problem, dass sie unbeleuchtet sind. Daher Vollbremsung.
Das Taxi fährt einen netterweise zum Hotel. Vorher galt es allerdings noch die Tütenhalterin davon zu überzeugen, dass ich mit ihr im Auto weitaus mehr „scared“ bin als ohne sie. Abends dann ein entspannter Abend mit Barbecue. In einer Stadt.
Am Samstag wird die Infrastruktur für allerlei Dinge genutzt. Und nichts gemacht. Tut gut. Barbecue, Hip Hop Bar und „Angor What?“ auf der Pub Street.
Da ich keine Lust habe den Sonntag alleine zu verbringen habe ich die gesprächsfreudigen Rezeptionistinnen des ersten Hotels aktiviert und so fahren wir zu dritt zu einem bisher nicht besuchten Tempel. Für die anderen Locals eher ein seltenes Bild führt dies zu entsprechenden Blicken oder Kommentaren.
Der Tempel sticht durch seine besonders gut erhaltenen Steinmetzarbeiten in rotem Sandstein hervor. Die filigrane und einwandfrei ausgeführte Bearbeitung der Steine lässt einen auch hier nur staunen.
Um die Tempel gibt es immer wieder „Musikgruppen“ von Opfern von Landminen. Meist fehlt den älteren Männern ein Arm oder ein Bein und sie musizieren gemeinsam, um Geld zu verdienen.
Es wird geschätzt, dass es noch ca. 10 Jahre, mit ca. 20 – 30 Millionen USD Kosten pro Jahr, dauern wird, um das Land komplett von Minen zu befreien. Auch heute passieren immer noch Unfälle mit Minen, auch teilweise in den sogenannten geräumten Gebieten. Die Anzahl ist aber mittlerweile weitaus geringer (ca. um die 200 pro Jahr) also vor einigen Jahren, wo es tausende waren.
In der Nähe des Tempels wohnen die Eltern der Freundin einer der Beiden. Ein kurzer Besuch auf der Mangoplantage mit 150 Bäumen. Ich bekomme einen köstlichen Kaffee und der Vater erzählt, er habe wohl mit den Deutschen mal zusammengearbeitet. Die drei Mädels kichern allerdings beim Übersetzen nur, da nicht ganz sicher ist, ob es sich um eine Geschichte handelt. Bepackt mit grünen Mangos geht es am späten Nachmittag zurück.
Ein bisschen was aus dem Leben erzählen die Beiden – aufgewachsen in Armut an der Grenze zu Thailand, als kleines Kind mit genau einem Kleidungsstück irgendwann von einer NGO auf dem Markt mit neuen Kleidern ausgestattet, in einer christlichen Schule gewesen. Witzig ist, dass die Präfektur und der ein oder andere von Ferienaufenthalten bekannt ist. Aber auch eine Erinnerung an Sing Star auf kambodschanisch – wer weiter kommt und als junges Mädchen in der Hauptstadt Phnom Penh nicht „gefügig“ ist, verschwindet auch schon mal. Daher aus Angst nicht weiter gemacht.
Mit den 120 $, die man an der Rezeption verdient, werden die jüngeren Geschwister in der Schule unterstützt.
Zu viert wird sich mit anderen Rezeptionistinnen ein zwei Zimmer-Appartment für 80 $ geteilt, geschlafen wird jeweils zu zweit in einem Bett.
Am Abend ist die Stadt zum Bersten voll. Die nächsten drei Tage ist Khmer New Year. Alles ist auf den Beinen. Viele sind aus Phnom Penh hierher gekommen und der ein oder andere Star aus den Musikvideos ist hier live auf der Bühne zu sehen (u. a. Mr. Preab Sokvath, Ms. Ouk Sokhune Kanha, Ms. Ouk Sokhune Nisa).
Noch zwei Kleinigkeiten – die Stromspannung hier ist irgendwie immer zu hoch, denn das Ladegerät war nach dem Laden vor Hitze kaum in die Hände zu nehmen. Bei Skype hat es des Öfteren nach einer gewissen Zeit in der Leitung geknackt…
Ein Resümee der letzten Wochen – es würde sich jeden Tag wieder ein bisschen ändern. Die Tage in dem Center und alle damit verbundenen Ausflüge und Erkenntnisse möchte ich nicht missen. Es gibt aber nicht nur Sonnenschein – Fragezeichen über Sinnhaftigkeit von einzelnen Hilfsmaßnahmen, von allzu übereifrigen Gutmenschen, von dem Ruf, den der ein oder andere aus der Präfektur hat, doch ein wenig zu gerne zu Nahe an den Menschen zu sein. Von Fragezeichen im Umgang und der Führung von Mitarbeitern. Krasse Umweltzerstörung und viele kleine Lichtblicke. Unendlich viele schöne und unvergessliche Momente mit freundlichen, lächelnden und herzlichen Menschen. Ein Land und Menschen, dass einen berührt und die einen erfassen.
Montag, 14. – Sonntag. 20.04., Siem Reap, Sen Monorom, Kratie
Morgens um kurz vor Fünf ist man besonders aufnahmefähig für die Nachricht, dass der Bus nicht bis dahin fährt, wofür man vor zwei Tagen das Ticket gekauft hat. Wenigstens gibt es Geld zurück für die nicht gesicherte Strecke. Am Zwischenhalt bzw. dem Endpunkt des Busses wird sich die Weiterfahrt schon regeln. Von Siem Reap geht es nach Kampong Cham in Richtung Osten. Dort gibt es dann wie erwartet eine gute Stunde später den Anschlussbus nach Sen Monorom. Die Fahrt führt vorbei an endlosen Agrarflächen. Monokulturen von Gummibaumplantagen säumen die Straße. Kaum ein Fleckchen ursprünglicher Wald oder Naturfläche ist zu sehen.
Erst weit im Osten des Landes fängt Urwald an bzw. das was die Brandrodung noch stehen gelassen hat. Plantagen drängen den Wald rechts und links der Straße immer weiter zurück. Dann geht die Fahrt durch unberührten Urwald weiter. Schon hier ein beeindruckendes Grün und kolossale Bäume.
Es geht die Berge hoch. Vor Sen Monorom nehmen dann gerodete Flächen wieder zu. Nach fast 13 Stunden erreicht der Bus das Ziel auf ca. 1.000 Meter Höhe. Es ist kühl, ca. 20° C, es hat kurz zuvor geschüttet.
Am Dienstagmorgen geht es nach dem Huhn & Reise Frühstück los. Drei Tage Dschungeltour als Beifahrer auf dem Motorrad und zu Fuß.
Der Guide und ich auf einem Motorrad und ein Begleiter, der auf seinem Motorrad allerhand weitere Utensilien transportiert. Wir verlassen die Straße und dann die Piste. Vorbei an gerodeten Flächen im Wechsel mit dichtem Wald. Weiter geht es auf kleinen Pfaden. Wir fahren durch kleine Dörfer. Touristen sind hier definitiv eine Seltenheit.
Wir halten an einem der Häuser. Man kennt sich wohl. Stolz wird einem das selbst gebaute Luftgewehr gezeigt: an einen Holzlauf ist eine Luftpumpe befestigt, die Druck in einem Zylinder aufbaut. Reicht auf jeden Fall aus, um den nervigen Köter des Nachbarn zu ärgern. Hunde gibt es hier wie auch sonst überall zu Hauf.
Es geht weiter. Die Mittagspause findet am Haus einer Bauernfamilie statt. Das Haus selbst ist schön gebaut, am Rande einer großen Lichtung, die aus Reisfeldern besteht. Nur drumherum und unter dem Haus sieht es aus wie auf einer Müllkippe. Dazwischen pickende Hühner (schon abhängig von der Plastikfarbe?) und ein paar Schweine.
Die Motorräder bleiben hier stehen. Der Familienvater des Hauses begleitet uns. Er kennt sich hier wohl besonders gut aus. Es geht über die Reisfelder in den Wald. Nach einigen Stunden kommen wir an unserem Übernachtungsort an. Was ihn dazu macht ist nicht klar ersichtlich. Vielleicht der Bambusbusch, der kurz darauf um einige Bambusäste erleichtert wird, mit denen die Gestelle für die Hängematten und ein mögliches Plastikplanendach gebaut werden. Schon lange in den Hängematten steht der Guide noch mal in der Dunkelheit auf und legt die Plastikplane bereit. Ich packe alles wasserdicht ein. Beides war sinnvoll, denn nachts prasselt der Regen los.
Nach der nächtlichen Schlafunterbrechung war der zweite Teil der Nacht genauso entspannend wie der erste. Mittwochmorgen – es wird früh hell. Das Zirpen, Zwitschern, Gequake und all die anderen Geräusche sind auch schon wach. Zum Frühstück gibt es für mich Pancakes – aus einer Mischung von Pulver, nicht gekühlten Eiern und Dosenmilch. Zubereitet mit schlechtem Öl. Morgen werde ich Nudelsuppe präferieren.
Obwohl es irgendwann heißt „we are in a hurry“ dauert es sicher noch eine geschlagene Stunde bis wir aufbrechen. Es ist wahrscheinlich „cambodian hurry“.
Wir stapfen durch den Wald. Die Sonne strahlt die Baumriesen an und ein sanftes Licht durchflutet den mal mehr, mal weniger dichten Wald. Hier und da mal ein Kleingetier. Hornissen, Bienen, Termitenautobahnen und in der Ferne, in sicherer Entfernung, ein paar Vögel. In den Lichtungen sind überall hunderte, eher tausende Schmetterlinge. Wo man hinschaut flattert es.
Und immer wieder gefällte Bäume. Meist werden die Bretter direkt an Ort und Stelle zu gesägt und nicht der ganze Stamm aus dem Wald transportiert. Dies reduziert immerhin die Größe der notwendigen Fahrzeuge und somit der Trassen, die in den Wald geschlagen werden. Man stellt sich natürlich die Frage, wie dies sein kann. Eigentlich doch verboten. Genügend Schmiergeld macht es möglich. Gedeckelt durch Korruption von oben.
Es gibt auch Bäume, aus denen durch ankokeln eine Art Teer entfließt, der für Boote verwendet wird.
So ganz begeistert bin ich von dem Spaziergang hier nicht. Es ist durchaus schön, aber verglichen mit anderen Führern ähnlicher Aktivitäten, sind wir hier weit von einer informativen Begehung entfernt. Das Problem ist glaube ich, dass er nicht mehr kennt und weiß. Er hat zwar vier Jahre lang im Wald gelebt, als er von 1985 – 1990 für die Khmer Rouge gegen die Vietnamesen gekämpft hat. Aber für ein Selbststudium über Wald und Bewohner scheint dort wenig Zeit gewesen zu sein.
Lustig wird es als der hier in der Nähe wohnende Familienvater an einer Stelle erzählt was er hier gesehen hat. Ein Mann, auf einem kuhhohen Tiger, mit zwei Hunden an den Seiten, ist hier vorbei geritten. Selbst der Führer ist von der Geschichte nicht ganz überzeugt. Ich denke es war zu viel Reiswein und bringe meine neutrale Bewunderung für den großen Tiger zum Ausdruck.
Meine nicht besonders gute Laune erreicht dann ihren Höhepunkt als die drei anfangen einen Waran zum Essen zu jagen. Meinem Gesicht ist dies deutlich anzusehen und dem Führer, als einzigem englisch sprechenden, gebe ich zu verstehen, dass ich hier etwas anderes erwartet hätte. Irgendwann wird das arme Tier, gekonnt in 8 m Höhe vom Baum geholt, wieder freigelassen. Der Führer hat dem Local wohl ein Huhn in Aussicht gestellt.
Wir erreichen wieder den verschmutzten Hof. Hier gibt es auch Mittagessen – mitgebrachte Fertignudelsuppen und noch übriges Fleisch von gestern. Wer die Kühlbox sucht würde lange suchen.
Die Tochter bereitet das Abendessen vor, dass ihr Vater und sie gerade gefangen haben. Wer schon mal störrischen Salat zubereitet hat sollte mal Frösche zubereiten. Das junge Mädchen hat es nicht leicht, die um ihr Leben hüpfenden Quaker aus dem Sack zu holen und ihnen den Kopf abzuschlagen. Einer schafft es durch eine Lücke im Bretterboden ein Stock tiefer auf den Boden zu fallen und sich zu verschanzen. Auch der herbeieilende Hund findet ihn nicht. Der Rest landet kopflos im Kochtopf – Froschsuppe.
Nach über drei Stunden „Pause“ soll es dann weiter gehen. Ein Mann vom Nachbarhaus kommt vorbei und bittet den Fahrer und mich hinüber. Ich lehne erst dankend an, da ich keine Lust auf schlechten Reiswein habe. Ich lasse mich dann doch überzeugen und sehe eine muntere Truppe in einer kleinen Hütte zusammengepfercht sitzen. Alle sind happy, mehrere Generationen sind vertreten und immer wieder wird am Reiswein genuckelt, der in großen Tongefäßen angesetzt wird. Dann soll es ein kleines „Neujahrskonzert“ geben. Es dauert lange bis sich alle aus Ihrer Sitzposition erheben. Es wird über den besten Platz für das Konzert diskutiert. Der „Anführer“ schlägt draußen vor. Die Instrumente werden gestimmt. Und dann gibt es ein außergewöhnliches Klangerlebnis – die Bewohner schlagen mit der Faust auf eine Art Blechplatte, die zu einer Art Topf geformt ist. Bemerkenswert ist die Freude, die diese einfachen Klanglaute bei den Menschen hervorrufen. Und sie freuen sich das kleine Konzert für den Fremden zu geben. Alle, die Kinder dazwischen und auch die alte Frau, die weit über 70 ist (hält Reiswein jung?), sind voll Enthusiasmus dabei. Und alle freuen sich wahnsinnig sich selbst auf dem kleinen Bildschirm betrachten zu können. Zum Abschied winken sie noch mal alle.
Wir fahren los und es geht in ein anderes Stück Wald. Unterwegs kommen wir Mitten im Wald an ein frisch gerodetes Stück Land. Die drei kleinen Kinder, die hier sitzen können schon Reis alleine kochen. Mit Feuerholz logischerweise.
Kurz vor der Dunkelheit erreichen wir einen Platz, der schon von „Waldarbeitern“ bzw. „Baumräubern“ benutzt wurde. Dementsprechend schmutzig ist alles. Der einzige Vorteil ist, dass sie bereits Gestänge vorbereitet haben, auf denen der Guide die Plastikfolie spannen und die Hängematten anbringen kann.
Der Donnerstagmorgen wird trotz des nächtlichen Dauerregens in der zweiten Nachthälfte aufgrund des Plastikdaches trocken erreicht. Während ich gegen 8 Uhr aufwache werden gerade die Pfannkuchen gemacht. Guter Service.
Ein zufälliger Blick zum Bach fällt auf eine gelb-schwarze, ca. zwei Meter lange Schlange. Die Farbe lässt auf unangenehme Eigenschaften schließen. Wer kann sich sonst solch auffällige Farben im grün-braunen Dickicht erlauben. Später lese ich dass es sich um eine Kraits (Bungarus fasciatus) handelt (Wikipedia: „Diese sind eine im tropischen Südostasien weit verbreitete Gattung der Schlangen aus der Familie der Giftnattern (Elapidae). Die Arten haben ein extrem wirksames, neurotoxisches Gift undeine Reihe von Arten ist auch im menschlichen Siedlungsbereich häufig.”).
Ich mache noch einen kleinen Rundgang und spiele mit der Eidechse in gelb-blau das Spiel „ich ein Stück nach rechts um den Baum, Du ein Stück nach links um dem Baum; ich ein Stück nach links um den Baum, Du ein Stück nach Rechts um den Baum, …“. Sie gibt sich dennoch fotofreudig.
Wieder zurück geht es los. Der Bach führt doppelt so viel Wasser wie gestern. Knietief wate ich durch. Wir fahren lange durch unterschiedliche Arten von Wald.
Zum Mittag hin halten wir an einem kleinen Bach und machen einen weiteren Rundgang. Ein idyllischer Wasserfall ist in der Nähe. Die Affen finden wir leider nicht, die auf der Vorbeifahrt gesichtet wurden. Das Mittagessen aus Reis und Fleisch wird angereichert mit frischen Pflanzen, die im Wald gesammelt werden. Ein Bad im glasklaren Fluss mit herrlich weichem Wasser ist nach den fast drei duschfreien Tagen sehr erfrischend.
Dann geht es wieder auf die Motorräder. Über 30 km sind es zurück in die Stadt. Die Hälfte davon über Schlamm-, Stein-, Sand- und Waldpiste. Wir passieren gerodete Flächen, dichten Dschungel, kleinere Dörfer, die von Müll und Häusern aus bestem Holz dominiert werden.
Auf meine Frage, warum das ganze Holz bzw. die Bäume, die nach der ersten Rodung in Form von Niederbrennen noch rumliegen, verbrannt wird, wird mir mitgeteilt, dass es zu anstrengend ist, das Holz zu verarbeiten. Würde ein Bewohner nordischer Klimazonen genauso denken, wäre er spätestens bis Weihnachten erfroren. Man muss ergänzend schreiben, dass dort kubikmeterweise Holz rumliegt, dass verbrannt wird. Die Menschen werden aber in wenigen Tagen schon in den Wald gehen und Feuerholz sammeln. Ist ja genug da…
Ich wechsle immer wieder die Motorräder, da es für den jeweiligen Fahrer sehr anstrengend ist. Zudem steige ich oft ab und laufe, da ein Vorankommen zu zweit auf dem Motorrad nicht möglich ist. Als add on zu den schwierigen Wegen verdunkelt sich der Himmel.
Wir halten an einer „Tankstelle“. Ein Haus aus bestem Hartholz, mit einer in einem hübschen Kleid bekleideten Tankwärterin. Die Männer sitzen rum und nur einer bemüht sich irgendwann beim Betanken zu helfen. Wieder eines der zum Holztransport „getunten“ Motorräder steht da: „Matschketten“ aus den Kettengliedern einer alten Motorradkette. Der Gepäckträger verlängert und mehrfach mit Stahlstreben verstärkt.
Schnell alles wasserfest einpacken und einen Regenponcho (Einweg & Plastik) überstreifen, prasselt der Regen auch schon los. Wer einen Eindruck von den Wassermassen haben, schraubt von einer 10 Liter Gießkanne die Feindüse ab und schüttest sich dann den Inhalt über den Kopf. Die knöchelhohen Schuhe mit Wasser gefüllt erreichen wir die Straße und bald darauf die Stadt. Geschafft.
Das Wetter der vergangenen drei Tage: Luftfeuchtigkeit ca. 80%, Temperatur ca. 35°C, meist durchgängig sonnig.
Es war definitiv ein außergewöhnliches Erlebnis. In Bezug auf die Tierwelt hätte ich mehr erwartet. Auch von dem Führer (das gelb-schwarze Tierchen zum Beispiel war unbekannt…). Zudem schmerzt der Umgang mit der Natur zu sehr. Leute, die ich später im Bus treffe, sind zwar auch begeistert, in Bezug auf die Tiere geht es ihnen genauso. Vor allem wenn man vorher mal in Afrika war.
Am Freitagmorgen habe ich das Vergnügen diese Kleinstadt zu verlassen. Andere waren ganz begeistert, andere steckten hier wegen Khmer New Year acht Tage fest. Ein Kleinbus ist es heute. Nach allerlei Zick-Zack durch die Stadt, um Mitreisende aufzusammeln, geht die Fahrt ihren üblichen Gang. In Hochzeiten sind wir 18 Leute im Neuner-Minibus.
Angekommen in Kratie beziehe ich mein Hotel – durch Zufall direkt am Wasser. Am Mekong. Ein herrlicher Blick direkt aus dem Zimmer. Hier bleibe ich erst mal. Durchatmen.
Samstagfrüh geht es zu den Irrawaddy Delfinen. Einige Dutzend Exemplare gibt es noch dieser Tiere hier im Mekong. Sie sind nur schwer zu sehen und wann weiß nicht, ob sie sich nicht ein Spiel daraus machen, möglichst dort aufzutauchen, wo kein Boot ist. Intelligent genug sind sie. Bewiesenermaßen jagen diese Tiere im Verbund und haben mehrfach Fischern geholfen die Fische ins Netz zu treiben (dies ist keine Reisweingeschichte).
„Seinen deutschen beziehungsweise englischen Namen Irawadi/Irrawaddy erhielt der Delfin nach einem Fluss in Myanmar, in welchem er vorkommt, Ayeyarwady (früher Irrawaddy). Sein lateinischer Artname brevirostris (kurzschnäbelig) hingegen sagt schon einiges über das Aussehen des Irawadi Delfins aus: Charakteristisch sind die wulstige Stirn und die auffallend kurze Schnauze. Typisch für den Irawadi Delfin ist auch seine sehr kleine Rückenflosse (Finne). Die Form und Ausprägung der Finne ist individuell und kann als „Fingerabdruck“ zur Erkennung der einzelnen Individuen genutzt werden. Die bis zu 2,8 Meter langen und bis zu 150 Kilogramm schweren Irawadi Delfine können sowohl in Flüssen, im Brackwasser an Flussmündungen als auch in flachen Küstengewässern vorkommen.“ (Quelle: www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/irawadi-delfin/)
Der Tuk Tuk Fahrer hat sich wohl intensiv um ein Schiff nach Phnom Penh bemüht. Anscheinend gibt es seit den Wahlen keinen wirklichen Schiffsverkehr mehr auf dem Mekong, dieser ist untersagt bzw. massiv reduziert. Das Schiff auf dem er wohl jemanden kennt möchte eigentlich niemanden mitnehmen, da sie allerlei (?) Dinge transportieren, von denen die Einheimischen nichts wissen sollen. Als Tourist darf ich aber mitfahren. Nach horrenden Preisforderungen und hohem Vermittlungsgeld kann beides runter verhandelt werden. Irgendwann gibt es dann einen Anruf, dass doch kein Schiff fährt. In der Tat sehe ich kein einziges Schiff auf dem Mekong. Die Fischerboote ausgenommen.
Am Sonntag geht es mit dem Bus nach Phnom Penh. Draußen das üblich Bild. Kein Tag der Ruhe, überall Felder, meist Reis, die Straßen gesäumt von kleinen Läden, die meist etwas zum Essen verkaufen. Überall Gewusel, unzählbare Mengen von Motorrädern und Menschen in Bewegung.
Wirklich erwähnenswert sind noch mal die Kinder. Vor mir im Bus sitzt eine dreiköpfige Familie auf einem normalen Zweierbussitz. Sie teilen sich zu dritt die zwei Sitze. Das Kind macht die ganze Fahrzeit nicht einen Mux. Wir sprechen von über sechs Stunden Fahrt.
Auch im Kleinbus, mit dem ich nach Kratie fuhr war vor mir ein Kind, auch ca. um die 6 oder 8 Jahre alt. Die Nebensitzerin, die ich später noch mal traf, eine Israelin, erzählte wie das Kind in der Rille auf dem Sitz zwischen seiner Oma und ihr saß und schlief und auch für sie bewundernswerter Weiße nicht einmal ein Wort oder eine Mimik des Genervtseins oder dergleichen von sich gab.
Die Israelin erzählte von Ihrer Zeit als Volontärin in einem Waisenhaus in Uganda. Sie sagte dort war es ähnlich. Die ausländischen Volontäre passten sich an die Kinder an, nicht umgekehrt. Denn diese spielten mit nichts und waren glücklich.
Montag, 21. – Sonntag. 27.04., Phnom Penh + Hong Kong
Nach einem entspannten Montag in Phnom Penh geht es Dienstagmorgen kurz nach Mitternacht über Shanghai nach Hongkong. Ein krasser Kontrast, auch was die Menschen angeht. Kaum einer lächelt, alle sind am Hetzen. Und ein Reichtum sondergleichen im Vergleich zu dem armen Kambodscha.
Ich habe ein Gespräch mit einer Reederei für weitere Fahrten. Man schaut was man machen kann. Ich genieße noch kurz die Stadt und dann geht es auch schon wieder zurück.
Da sich von der Reederei in Phnom Penh keiner gemeldet hat tauche ich dort am Freitagmorgen im Büro auf. Der Chef ist da und bringt seine Verwunderung zum Ausdruck, das ich mich gar nicht mehr gemeldet habe. Seine Sekretärin hat wohl auch keine email erhalten… Egal, er nimmt meinen Pass und meint er ruft am Samstagnachmittag an. Bis dahin schaut er was machbar ist mit dem Zoll.
Nachmittags treffe ich noch mal den Ansprechpartner der Internetfirma, um noch ein paar Kleinigkeiten zu klären. Abends lädt er mich zum Abendessen ein – local logischerweise. Auch hier ad hoc Liebesbekundungen durch die Kellnerinnen. Die Hoffnung hier raus zu kommen ist zu groß. Ich hatte mit Nicht-Locals Diskussionen darüber und wir waren uns einig, dass es schwierig ist, darüber final zu urteilen, wenn man nicht hier aufgewachsen ist und dem täglichen Kampf des Lebens ausgesetzt ist. Täglicher Kampf heißt irgendwie mit 15 Jahren anfangen zu arbeiten und eine Sieben-Tage-Woche zu haben. Und am Ende nicht viel übrig bzw. überhaupt zu haben. Zu sehen, dass sich korrupte Beamte die Taschen vollmachen.
Danach geht es in Nachtclubs. Der Großteil der ansässigen Damen verlangt Geld für weitere Unterhaltung. Ich habe genug in diesem Land investiert und lehne dankend ab.
Ein schöner letzter Abend. Warum auch immer, aber mittlerweile darf man mit Alkohol in PP fahren. Es gibt keine Alkoholgrenze. Laut Aussage. Laut Internet sind es 0,5 Promille. So fährt er mich ans Hotel. Wie immer wenn getrunken wird, erzählt er. Dann fährt immer er, da er langsam fährt. Über den Rest auf der Straße meint er müsste man aufpassen. Und in Seitenstraßen wird einem das Motorrad schon mal mit vorgezogener Waffe unter dem Hintern weggeklaut. Und es wird über den korrupten Staat geschimpft. Vor allem die Polizei. Logischerweise nur im Auto. Seine Brüder haben kleine Läden und regelmäßig kommen Leute vorbei und verlangen Geld. Wenn man auf einen Oberen verweisen kann ziehen sie wieder ab.
Samstag. Die Spannung wächst. Kein Anruf den ganzen Tag. Der halbe Tag geht dafür drauf Fotos, Papiere und weitere Dinge für den Versand einer Statue nach Deutschland zu arrangieren. Um den Rest kümmert sich dann eine große Firma mit Sitz in Bonn.
Mittlerweile sehe ich meinen Pass schon auf der schwarzen Liste von Interpol und mich bei der deutschen Botschaft, ihnen erklärend, warum ich keinen Pass mit Visum mehr habe und sie dem Chef einer Spedition gegeben habe, dessen Name ich nicht mal kenne. Nach 20 Uhr rufe ich dann mal an. Ups, vergessen, war deutlich zu hören. Um 23 Uhr geht es los, nein, noch ein Anruf, sofort bitte ans Büro kommen. Schnell auf’s Tuk Tuk und ab zum Büro. Dort ist der Chef, der Kapitän (ein aif de erstem Blick sympatischer Vietnamese) und noch ein paar Leute. Ab in ein Auto, noch einen anderen Kapitän in einer Kneipe aufgegabelt und dann geht es ca. 30 km vor die Tore der Stadt – „Phnom Penh New Port“. Unterwegs diskutieren sie noch, ob man Brot für mich für das Frühstück kaufen müsste. Ich kann dankend ablehnen und verweise auf zwei Monate kambodschanische Küche.
Der Hafen, gerade mal wenige Jahre alt, ist ein Verladekai direkt an den Mekong gebaut. Man kann fast sagen, dass die Container noch mit der „Hand“ verladen werden. Ein auf einem Schiff angebrachter Schwimmkran verlädt jeden einzelnen Container an Stahlseilen. Jedem langgedienten Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft würde hier das Blut in den Adern stocken. Wenn einer der 40 Fuß (12 m) Container nicht richtig hängt wird dieser in die richtige Richtung „geschupst“. Teilweise werden die Container im Schiffsbauch des Schwimmkrans, der die Verladung durchführt, zwischen gepuffert. Jeder Container wird durch Mitarbeiter an die Haken der Stahlseile gehängt. Das dauert. Und alles wird durch den 1. Offizier überwacht. Dieser ist sichtlich wenig begeistert von der schleppenden Verladung. Teilweise müssen wir auf Lkw warten. Aber er achtet penibel darauf, dass die Container auch so in den Schiffsbauch gehievt werden, wie er sich das ausgedacht hat.
Stilecht wird dann noch einer von der Schiffsbesatzung auf dem Rücken geschultert auf das Schiff getragen. Gehen ist nicht mehr….
Ich gehe gegen Mitternacht ins Bett. Wache noch mal auf und sehe, dass jetzt der hintere Bereich geladen wird. Um 4 Uhr sind wir losgefahren, erfahre ich morgens.
Sonntagmorgen. Herrlich geschlafen in den knapp drei Quadratmetern Koje. Ich frühstücke mit dem Kapitän: 47 Jahre alt, Vietnamese, zwei Kinder und früher für Evergreen große Schiffe gefahren, dann Lotse und seit zwei Jahren auf diesem kleinen Schiff. 120 TEU (1 TEU = ein 20 Fuß Container) passen hier drauf.
An der Grenze wird geankert. Ein paar Jungs von der Mannschaft verlaschen die Container – für die offene See werden die Container miteinander verbunden.
Es gibt frischen Fisch zum Mittag. Alle sind sehr freundlich. Einer schaut vorbei und schaut ein paar Minuten mit mir auf’s Wasser, dann geht er grinsend wieder weg.
Kurz nach der Grenze ist dann eine andere Welt auf dem Wasser. Kleine, traditionelle Holzboote, Schwimmkräne, die Sand aus dem Flussbett baggern und das ein oder andere Binnenschiff. Das Bild gleicht sich den ganzen Tag. Dazu kommen noch kleine und größere Fähren, die gerne mal recht knapp vor uns kreuzen. Seit PP gab es keine Brücke. Dazu mehren sich an den Ufern die Fischfarmen. Auf dem Schiff ist es bis auf das Dieselgebrumme ruhig. Zumindest im vorderen Teil. Im hinteren ist das schon eine ganz andere Lautstärke. Mal der Kapitän, mal der „Schreiber“ (er hat die Zollformalitäten durchgeführt) fahren das Schiff. Es ist gemütlich und nachmittags auch angenehm warm in der Sonne und dem kühlen Fahrtwind, im Gegensatz zu der Hitze am Mittag.
Zum Abendessen gibt es die, die vorhin noch an den Containern kauerten – ein paar lebende Hühner hatte ich durch Zufall in einer Ecke entdeckt. Danach legt sich ein seichtes Licht über den mächtigen Fluss als die Sonne untergeht.
Die Fahrt durch die Dunkelheit ist eine echte Herausforderung. Abgesehen von dem dunklen Führerstand, was Sinn macht, sind alle der vielen Lichtlein auf der Anzeigetafel und dem Steuercockpit nicht beleuchtet. Oder kaputt. Passend zum Rest des Schiffes, das Rost als zahlenmäßig hohen Dauergast hat.
Wie ein Meer von Glühwürmchen sind immer wieder überall grüne Lichter. Dazwischen rot blinkende. Diese markieren das Ende der Fischernetze. Wir schieben uns dazwischen durch. Denn auch in der Flussmitte sind Netze. Netterweise haben die Fischer eine Fahrtrasse gelassen.Die kleineren Schiffe suchen mit Suchscheinwerfern den Fahrweg ab. Auch wir haben drei davon und benutzen diese immer wieder als Unterstützung. Das ein oder andere ankernde Schiff hat den Teil „Beleuchtung bei Nacht auf See“ genauso schlecht gelernt wie ich. Das Radar erfasst logischerweise nur Metallschiffe und so zerlegen wir fast eines der Holzboote zu Treibholz. In letzter Minute „Maschinen volle Kraft zurück“ und der Holzkahn holt aus seinem Motor alles was möglich ist, raus. Geschafft. Der Kapitän schmettert lautstark ein paar sicherlich nette Worte dem Schiff hinterher.
Ansonsten ist es still draußen. Nur das Gebrumme des Motors und hin und wieder mal das Gequietsche eines der Kiesbagger. Ein kühler Wind weht durch die offenen Fenster der Brücke.
Nachts prasselt dann irgendwann Regen gegen und auf die Bordwand. Ein Gewitter über dem Fluss. Dies hält Mitbewohner nicht davon ab Ausbesserungsarbeiten durchzuführen. Eine Ratte nagt lautstark in dem kleinen Wandschrank an einem Schlupfloch. Auch beim Öffnen lässt sie sich nicht stören. Ein paar Schläge auf die Wandverkleidung überzeugen sie von Arbeitsunterbrechung, verbunden mit einem verdutzten Blick.